... Fehler vermeiden, die in einer Prüfung
Erschienen am 16.10.2012
wichtige Punkte kosten ...
Prüfungsaufgaben zu reiten, heißt konsequent an den einzelnen Lektionen zu feilen und diese dann in kurzen Abfolgen hinter einander reiten zu können. Beim Training klappt das meist schon recht ordentlich, obwohl man immer vor neue Probleme gestellt wird, die sich oftmals nicht so leicht lösen lassen. Reitet man dann nur für sich selbst, ist man dazu geneigt, den einen oder anderen Fehler eher nachsichtig zu übersehen. In der Prüfung quittieren die Richter das allerdings mit entsprechenden Noten. So können Kleinigkeiten die Platzierung oder den Sieg kosten.

So wird korrektes Rückwärtsrichten schwierig!Den Oberkörper hat die Reiterin zu weit nach hinten verlagert, den Absatz hochgezogen. Das Pferd steift sich in der Hinterhand.
In unserem letzten Artikel kam nach der Volte Schulterherein an der langen Seite. Das Schulterherein ist zwei Pferdelängen vor Erreichen der Ecke zu beenden, indem man die Vorhand wieder auf die Hinterhand ausrichtet. Das Zurückführen der Vorhand auf den Hufschlag leitet man mit halben Paraden ein. Der innere Schenkel treibt das Pferd wieder zurück auf den Hufschlag, ohne dass es dabei eilig werden darf, sich im Genick verwirft oder die Anlehnung verloren geht. Nach Durchreiten der Ecken mit korrekter Stellung und Biegung erfolgt Mitte der kurzen Seite Halten mit anschließendem Rückwärtsrichten.
Dabei sieht man viele Reiter, die schon in der Ecke immer langsamer werden und quasi zum Halten hinschleichen, damit das Pferd dann ja auf dem Punkt steht. Wenn die Vorderbeine noch recht ordentlich neben einander stehen, steht meist das innere Hinterbein nach hinten heraus. Das kann daran liegen, dass der Reiter mit der inneren Hand gar nicht oder zu spät nachgegeben hat und so innere Schulter und inneres Hinterbein blockiert hat. Auch erlebt man es häufig, dass beide Hinterbeine nach hinten herausgestellt sind. Je weiter sind dann nach hinten stehen, umso schwerer wird es, so rückwärts zu richten, dass das Pferd die von den Richtern gewünschte Hankenbeugung zeigt.
Bei jungen Pferden erwartet man in den ersten Jahren noch nicht, dass sie beim Halten mit den Hinterbeinen unter dem Hüftlot stehen. Wenn junge Pferde dann stockend mit hochgezogener Kruppe rückwärts treten, hat das nichts mit Widersetzlichkeit zu tun. Sie können es einfach noch nicht besser.

Ein so ausgeführtes Rückwärtsrichten führt beim Pferd immer zu Verspannungen. Das zeigt allein der unruhige Schweif. Die Hand zu hoch, die Absätze hoch gezogen, die Fußspitzen nach außen verdreht, die Reiterin in der Hüfte eingeknickt, die Nase des Pferdes so zwangsläufig hinter der Senkrechten.
Beim weiter gerittenen Pferd, das beispielsweise schon Außengalopp beherrscht, Traversalen geht und ggf. fliegende Wechsel springt, sollte die korrekte Ausführung eigentlich normal sein. Trotzdem sieht man auch in Prüfungen auf höherem Niveau sehr viele Pferde, die nicht oder nicht korrekt Rückwärts gerichtet werden.
Man sieht auch häufig Pferde, die die Hinterbeine beim Rückwärtsrichten nach hinten heraus stemmen. Ein bewährtes Mittel ist es in solchen Fällen, Rückwärtsrichten beim Training über eine Vorhandwendung zu reiten. Durch das Reiten einer Vorhandwendung, wird das Pferd mit den Hinterfüßen weiter unter den Schwerpunkt treten. Nach einem Viertel-, halben oder ganzen Wendung leitet man nach dem Durchparieren zum Halten das Rückwärtsrichten ein. Es ist darauf zu achten, dass das Pferd nach dem Halten nicht direkt nach hinten ausweicht, sondern erst einmal geschlossen steht.
Beim Rückwärtsrichten soll das Pferd auf gerader Linie zurücktreten und die diagonalen Beinpaare gleichzeitig anheben und zurücksetzen. Beim Üben ist es gut, wenn man nicht immer die gleiche Anzahl an Schritten rückwärts richtet, damit das Pferd das nicht vorwegnimmt. Bei jedem Schritt sollte es sich weich vom Gebiss abstoßen, das Genick der höchste Punkt sein, die Hinterhand Last aufnehmen.
Zum Rückwärtsrichten gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen: Die einen meinen, man müsse sich nach vorne lehnen, also das Pferd entlasten. Andere gehen davon aus, dass der Reiter im Schwerpunkt zu sitzen hat und wieder andere lehnen sich dabei nach hinten.
Handelt es sich um ein junges oder unerfahrenes Pferd, dann kann man den Oberkörper etwas vornehmen. Man ist ja froh, wenn das Pferd überhaupt einige Schritte rückwärts geht. Auch sollte man sich in diesem Fall eine seitliche Begrenzung suchen, damit das Pferd nicht zur Seite ausweichen kann. Bei einem weiter ausgebildeten Pferd sollte man gerade im Schwerpunkt sitzen, ohne selbst mit dem Oberkörper zu schaukeln oder sich zu weit nach hinten zu lehnen. Da geht es nicht mehr um das Rückwärts an sich, sondern darum, die Hankengelenke vermehrt zu beugen, eine korrekte diagonale Fußfolge zu erreichen und die Versammlungsfähigkeit zu verbessern.

Junges Pferd, das seit drei Monaten rückwärtsrichten übt. Die Reiter entlastet das Pferd durch Vornehmen des Oberkörpers. Man sieht beim Pferd ganz deutlich, dass es die Hinterhandgelenke noch nicht korrekt beugen kann. Es weicht mit den Hinterbeinen zur Seite aus. Bei der Remonte sollte man deshalb immer nur wenige Schritte rückwärts richten.
"Pferde, die nicht korrekt rückwärts zu richten sind, gehen auch nicht (oder noch nicht) korrekt durchs Genick nach vorne. Das korrekte Vorwärts und das daraus resultierende korrekte Rückwärtsrichten sind voneinander abhängig, d.h. bei einem wirklich durchlässigen Pferd ist das Rückwärtsrichten kein Problem. So muss bei Schwierigkeiten immer an der Durchlässigkeit gearbeitet werden. Das Rückwärtsrichten ist oft ein Symptom für tiefer gehenden und weiterführende Probleme. Das wird leider zu wenig beachtet", so Marianne Fankhauser-Gossweiler.
Manche Pferde eilen bei geringster Zügelhilfe mit viel zu schnellen und zu vielen Tritten rückwärts. Das abzustellen ist nicht einfach. Es hilft dann nur, das Pferd nach dem Rückwärts"eilen" still stehen zu lassen. Einen oder zwei Schritt anzureiten, dann wieder geschlossen Halten und erst wieder mit dem Rückwärts zu beginnen, wenn das Pferd in der Lage und bereit ist, auch auf die ganze Parade korrekt einzugehen.
Dann sollte man auch immer nur ein bis zwei Schritte rückwärtsrichten. Wenn das korrekt und ohne Hast funktioniert, kann man die Anforderungen mit der Zeit steigern. Ein grober Fehler wäre es, bei "rückwärts-renennden" Pferden den Zügel quasi weg zu schmeißen oder sich massiv nach hinten zu lehnen. Das würde das Problem nur verschlimmern.
Viele Pferde treten beim Rückwärtsrichten mit den Hinterbeinen breit. Dadurch entziehen sie sich der Lastaufnahme der Hinterhand. Das kann man mit der Zeit abstellen, indem man vermehrt auf dem Zirkel an der Beugung der Hinterbeine arbeitet. Zirkel traversartig verkleinern und schulterhereinartig vergrößern, Schenkelweichen auf dem Zirkel oder Volte im Schwenken, Schulterherein etc. unterstützen das ebenso.
Wenn Pferde dazu neigen mit einem Hinterbein zur Seite auszuweichen, bietet es sich an, dieses Hinterbein beim Rückwärtsrichten im Training immer in Richtung Bande zu stellen, so dass es durch die Begrenzung nicht mehr in der Form ausweichen kann. Langfristig wirklich helfen wird die seitliche Biegearbeit wie z.B. Schulterherein.
Ist man in seiner Prüfung bis zu einem korrekten Rückwärtsrichten gekommen, hat man schon viele Hürden genommen. Wie man Fehler bei der Galopparbeit vermeiden und dabei auftretende Probleme lösen kann, ist der Inhalt unseres nächsten Artikels. Bis dahin viel Erfolg auf dem Turnier! (Anne Schmatelka)