Rechtsprechnung: Arglist durch Verschweigen

Erschienen am 26.04.2011

Täuschung beim Pferdeverkauf keine Seltenheit 

 
Beim Verkauf von Pferden ist leider die arglistige Täuschung des Käufers durch den Verkäufer keine Seltenheit. Oftmals machen sich allerdings die Verkäufer lediglich keine Gedanken darüber, dass nicht nur derjenige arglistig täuscht, der bewusst falsche Angaben macht.
 
Die betrügerische Arglist
Wird der Käufer eines Pferdes durch arglistige Täuschung zum Vertragsabschluss veranlasst, kann er den Vertrag anfechten. Die Anfechtungserklärung hat zur Folge, dass der Kaufvertrag rückwirkend unwirksam wird. Die Anfechtung kann innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt erfolgen, in welchem der Käufer die Täuschung entdeckt.
Weil nach Anfechtung der Kaufvertrag unwirksam wird, sind die ,,empfangenen Leistungen zurückzugewähren". Der Käufer hat also Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, dem Verkäufer ist das Pferd zurückzugeben. Darüber hinaus kann der Käufer Schadensersatz verlangen, insbesondere die Erstattung von Kosten für Unterstellung, Fütterung, Pflege, tierärztliche Untersuchung und Behandlung sowie Hufbeschlag. Gerade bei ?billigen" Pferden können die Schadensersatzansprüche sehr schnell den Kaufpreis gleich um ein Mehrfaches übersteigen.
Typische Fälle der arglistigen Täuschung beim Pferdekauf sind bewusst falsche Angaben zu Alter oder Turniererfolgen.
 
Arglist durch Verschweigen?
Der Käufer, der durch bewusst falsche Angaben zum Kauf veranlasst wird, fühlt sich zu Recht betrogen. Wird beispielsweise, wie tatsächlich vorgekommen, ein achtzehnjähriges Pferd als achtjährig verkauft, so gehört nicht viel juristischer Sachverstand dazu, um von arglistiger Täuschung auszugehen. Selbstverständlich gehört dazu, dass der Verkäufer das tatsächliche Alter wusste oder zumindest hat kennen müssen. Wurde auch er bereits betrogen, liegt kein Fall der arglistigen Täuschung vor.
Für den Verkäufer wichtig ist die Erkenntnis, dass er auch durch schlichtes Verschweigen arglistig täuschen kann. Das Verschweigen von Umständen, die für den Vertragsabschluss wesentlich sein können, stellt dann eine arglistige Täuschung dar, wenn eine Aufklärungspflicht besteht. Diese Aufklärungspflicht wird aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) hergeleitet. Es hängt natürlich immer von den Umständen des einzelnen Falles ab, ob eine solche Aufklärungspflicht anzunehmen ist. Sie besteht dann, wenn ?unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwartet werden durfte", so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.
Eine Aufklärungspflicht besteht insbesondere in folgenden Fällen:
1. Fragt der Käufer nach bestimmten Eigenschaften, dann müssen die Fragen vollständig und richtig beantwortet werden. Wird beispielsweise ausdrücklich nach der Gesundheit des Pferdes gefragt, so genügt es nicht, wenn der Verkäufer erklärt, das Pferd sei seiner Auffassung nach gesund. Er muss vielmehr Krankheiten des Pferdes, die in jüngerer Vergangenheit aufgetreten sind, zusätzlich erwähnen.
2. Besonders wichtige Eigenschaften, die für den Käufer offensichtlich von entscheidender Bedeutung sind, müssen ungefragt offenbart werden. Der Verkäufer darf deswegen wesentliche Mängel der Kaufsache nicht verschweigen. So wäre beispielsweise ungefragt mitzuteilen, dass ein Pferd koppt, webt, Sattelzwang hat, gegenüber anderen Pferden notorisch aggressiv ist, schwer wiegende Operationen durchgemacht hat oder gar über eine Versicherung bereits als ?unbrauchbar" reguliert wurde.
 
Ein Beispielsfall
Die Rechtsprechung macht mit der Aufklärungspflicht des Verkäufers durchaus Ernst. So hat das Amtsgericht Aschaffenburg in einem aktuellen Urteil eine arglistige Täuschung durch Verschweigen angenommen, weil die Verkäuferin vor dem Verkauf durchgeführte tierärztliche Behandlungen nicht mitgeteilt hatte. Auch wenn es sich ?nur" um die Entscheidung eines Amtsgerichts handelt, ist das Urteil durchaus zu beachten, weil es auf derselben Linie liegt wie die Entscheidungen etlicher Obergerichte.
Der Kaufpreis für das streitbefangene Pferd betrug lediglich 1.800 EUR. Es war als Freizeitreitpferd gekauft worden. Wenige Wochen nach Übergabe stellte sich eine chronische Lahmheit ein. Die Verkäuferin berief sich auf einen im schriftlichen Vertrag enthaltenen Haftungsausschluss. Das ließ das Gericht nicht gelten.
Aus der Tatsache, dass das Pferd als Reitpferd verkauft wurde, sei abzuleiten, dass es generell für diesen Verwendungszweck geeignet sein musste. Die kurze Zeit nach Übergabe eingetretene Lahmheit erwies sich als chronisch, weil das Pferd pathologische Röntgenveränderung hatte, die jedenfalls bei Übergabe bereits vorlagen. Das allein hätte für den Erfolg der Klage nicht gereicht. Es hat sich aber durch Vernehmung des Stalltierarztes der Verkäuferin herausgestellt, dass das Pferd vor dem Verkauf wegen Lahmheit bereits behandelt worden war und dass hierbei ein Chip und eine Verknöcherung im Fesselgelenk festgestellt wurde. Da die Beklagte bei der tierärztlichen Untersuchung anwesend war, ging das Gericht davon aus, dass ihr die erhobenen Befunde bekannt waren. Dann meinte das Amtsgericht:
Da der Beklagten aber die tatsächlichen Umstände bewusst waren und ihr zudem auch klar war, wofür die Klägerin das Pferd erwarb, hätte es ihr ?ohne Weiteres oblegen, die Klägerin darüber aufzuklären, dass das Pferd bereits wegen Lahmheit vorbehandelt war und dass die Erkrankungen des Pferdes bestanden".
 
Fazit
Wird ein Pferd für Reitzwecke verkauft, muss es sich auch unter dem
gesundheitlichen Aspekt für diesen Verwendungszweck eignen. Der Verkäufer ist verpflichtet, auf Befunde hinzuweisen, die vor Gefahrübergang bekannt geworden sind und die die Eignung für den vertraglich vorausgesetzten Verwendungszweck beeinträchtigen. Verschweigt er die, handelt er arglistig. Er kann sich deswegen weder auf einen Haftungsausschluss berufen noch darauf, nach Vorerkrankungen nicht gefragt worden zu sein.
Dr. Dietrich Plewa - Rechtsanwalt

Warenkorb

Sie haben 0 Artikel in Ihrem Warenkorb

Warenkorbwert: 0,00€