Rechtsbeitrag: Die Tücken der Weidezeit
Erschienen am 31.05.2011
Wer haftet eigentlich, wenn das Pferd auf der Weide verletzt wird oder ein anderes Tier verletzt?
Nun ist es wieder soweit, viele Pferde genießen längst die Weiden und dabei stellt sich auch die Frage der Haftung, wenn andere Pferde verletzt werden. Die Haftung des Tierhalters, findet in § 833 BGB seit jeher ihre Regelung. Sie beinhaltet, dass derjenige, der ein Tier hält, für den Schaden aufzukommen hat, den das Tier verursacht hat. Es handelt sich dabei um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für die jeder Tierhalter unabhängig von jeglichem Verschulden haftet. Darunter fallen sowohl Personen- als auch Sachschäden. Das heißt, trotz aller Sorgfalt und überordnungsgemäßem Verhalten, kann sich der Halter eines Anspruchs von dritter Seite nicht erwehren.
Nicht zwingend ist der Tierhalter auch immer der Eigentümer, meistens fallen die Begrifflichkeiten jedoch in einer Person zusammen. Voraussetzung einer Haftung des Tierhalters ist, dass einem Dritten ein Schaden durch das Tier verursacht wurde. Tierhalter ist derjenige, der über das Tier im eigenen Interesse eine nicht nur vorübergehende Herrschaft ausübt und die Befugnis hat, über die Betreuung und die Existenz des Tieres zu entscheiden. Der Tierhalter ist daher nicht zwingend identisch mit dem Eigentümer.
Die Bestimmung des § 833 BGB findet jedoch eine Einschränkung, und zwar für Haustiere, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt sind (sogenannte Nutztiere). Wann ein Pferd ein Nutztier oder ein Luxustier ist, richtet sich allein nach der Zweckbestimmung (so auch der BGH NJW- RR 05, 1183). Die Haltung des Tieres hängt ganz spezifisch mit der Berufstätigkeit des Halters zusammen. In Anbetracht dieser genauen Bestimmung des Zweckes dürften wohl die meisten in der Freizeit gerittenen Pferde, Luxustiere sein und somit nicht der Haftungserleichterung unterfallen.
Es gilt somit für diese Pferde die Grundregel des § 833 BGB, der Halter ist dem Geschädigten zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der von seinem Pferd verursacht wurde.
Auch der Eigentümer der Weide hat Obhuts- und Sorgfaltspflichten für die Pferde zu beachten, die er in Pension hat. So sind an die Höhe des Weidezaunes Anforderungen gestellt. Ein Weidezaun als Schutz gegen das Überspringen muss mindestens 1,20 m hoch sein und einen ausreichenden Sichtschutz zum Abhalten des Pferdes vom Überspringen haben. (OLG Celle, Urt. v. 26.01.2000, 9 U 130/99)
Wenn sich die Weide in der Nähe einer befahrenen Landstraße befindet, muss der Zaun regelmäßig kontrolliert werden. (so auch OLG Hamm, Urteil vom 16.12.1988, Az. 9 U 24/88)
Auch beim Ausbrechen eines Pferdes von der Weide können sich Gefahren realisieren. Aus diesem Grund müssen die Zäune derart errichtet worden sein, dass ein Tier der Möglichkeit benommen ist, die Umzäunung zu überwinden. Der Zaun muss dementsprechend hoch genug und der Weidezaun sicher genug verschlossen sein. So reicht eine Befestigung des Weidetors mit beispielsweise Gummis nicht aus.
In Stallgemeinschaften ist es unter anderem üblich, dass man Pferde gemeinsam zur Weide bringt oder von der Weide holt. Dabei greift man sich auch häufig gegenseitig unter die Arme und nimmt das Pferd eines anderen mit. Über die Folgen, wenn es zu einem Unfall, einer Verletzung kommt, machen sich dabei die Wenigsten Gedanken. Insoweit ist es jedoch für jeden der solch eine Gefälligkeit übernimmt beruhigend, dass das LG Hagen in seinem Urteil vom Urteil vom 25.07.2002, Az. 8 O 29/02 ausgeführt hat, dass die Haftpflichtversicherung für die Verletzungsfolgen und den daraus entstehenden Schaden einzustehen hat.
Bei Weideunfällen gibt es zwei Standardsituationen. Entweder wurde der Unfall beobachtet, d.h. es ist bekannt, welches Pferd das andere verletzt hat, oder es wurde nicht beobachtet, welches Pferd aus der Herde ein anderes Pferd getreten hat, so dass theoretisch alle Pferde auf der jeweiligen Weide als Verursacher in Betracht kommen. Bei dieser Alternative ist in der Regel auch unbekannt, wie sich der Unfall überhaupt ereignet hat.
1. Verletzung durch ein bekanntes Pferd aus der Herde
Nur wenn der Halter des verletzten Pferdes beweisen kann, welches Pferd den Schaden verursacht hat, haftet der Pferdehalter des schädigenden Pferdes für den entstandenen Schaden, d.h. die für Tierarztkosten, Fahrtkosten zum Tierarzt, gegebenenfalls auch den Minderwert des Pferdes etc..
Ersatz für etwaig entgangenen Freizeitspaß, wenn das Pferd nicht geritten werden kann gibt es nur für den Fall, dass ein "Ersatzpferd" angemietet wurde. Mit einem pauschalen Prozentsatz wird hin und wieder von der Haftpflichtversicherung die "eigene Tiergefahr" des geschädigten Pferdes angerechnet und schadenmindernd in Abzug gebracht. Dieses jedoch nur dann, wenn sich die eigene Tiergefahr des geschädigten Pferdes auch verwirklicht hat, zum Beispiel weil die Pferde miteinander gerangelt haben und es so zum Unfall gekommen ist.
Anders ist es jedoch, wenn das geschädigte Pferd angegriffen worden ist, ohne selbst dazu beigetragen zu haben. Dann ist die eigene Tiergefahr nicht zum Tragen gekommen und eine Mithaftung ausgeschossen. Wurde das geschädigte Pferd angegriffen, ohne selber in Interaktion mit dem schädigenden Pferd zu treten, hat sich keine eigene Tiergefahr verwirklicht und es ist keine Mithaftung zu berücksichtigen.
2. Verletzung durch ein unbekanntes Pferd aus der Herde
Wird ein Pferd durch ein Pferd aus der Herde verletzt und es kann nicht festgestellt werden, welches Pferd als Verursacher in Betracht kommt und scheidet durch die Art der Verletzung eine Selbstschädigung des verletzten Tieres aus, so haften alle anderen Pferdehalter der Pferde, welche auf der Weide zusammen gehalten werden, für den eingetretenen Schaden als Gesamtschuldner.
Aus diesem Grund kann es vorkommen, dass man als Halter eines Pferdes zum Ersatz eines Schadens herangezogen wird, obwohl das eigene Pferd tatsächlich gar keinen Schaden verursacht hat. Denn die Beweislast liegt in diesem Fall nicht beim Halter des verletzten Tieres, wenn eine Selbstschädigung ausgeschlossen werden kann, sondern bei allen anderen Pferdehaltern. Da der Unfall nicht beobachtet worden ist, fällt die Entlastung einzelner Pferdehalter sicherlich schwer.
Letztendlich kommt es wie immer auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an, die es zu beleuchten gilt.
Maja Schönefeldt,Rechtsanwältin für Pferderecht und Pferdesportrecht
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