Pferdekauf: Das A-Dressurpferd

Erschienen am 12.09.2011

 

Entspricht das gekaufte Pferd dem zugesicherten Ausbildungsstand?

 
Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten beim Pferdekauf sind in aller Regel gesundheitliche Beeinträchtigungen. Gelegentlich aber wird auch reklamiert, dass das gekaufte Pferd dem zugesicherten Ausbildungsstand nicht entspricht, meistens erfolglos. Dass ein solches Ergebnis nicht zwingend ist, zeigt der hier behandelte Fall.
 
Der Sachverhalt
Der Kläger eines beim Landgericht Heidelberg geführten Rechtsstreites hat für seine Enkelkinder ein Reitpferd gekauft, das nach Angaben des Verkäufers bis zum Niveau der Klasse A (Dressur) ausgebildet sein sollte. In dem Vertrag war eine Verjährungsfrist von drei Monaten vereinbart. Bereits unmittelbar nach Übergabe kam der Kläger zu der Auffassung, dass das Pferd für den beabsichtigten Verwendungszweck nicht geeignet sei. Das Pferd entzog sich den Reiterhilfen durch Davonlaufen, Steigen oder Buckeln und entsprach damit nach Auffassung des Klägers auch nicht den Anforderungen der Klasse A. Er trat daraufhin nur rund eine Woche nach Abschluss des Kaufvertrages vom Vertrag zurück. Weil der Verkäufer den Kaufpreis nicht zurückzahlte, nahm der Käufer gerichtliche Hilfe in Anspruch.
Aufgefallen war beim Ausprobieren schon, dass das Pferd gelegentlich mit dem Kopf schlug. Das war vom Verkäufer damit erklärt worden, dass das Pferd wohl noch Zahnprobleme habe, nachdem es gerade erst tierärztlich deswegen behandelt worden sei.
 
Der Prozessverlauf
Das Gericht hat zunächst Zeugen vernommen. Wie nicht selten, haben die Zeugen aus dem "Verkäuferlager" bestätigt, dass das Pferd vor dem Verkauf nie auffällig gewesen sei. Im Gegensatz dazu haben vom Käufer benannte Zeugen bekräftigt, dass das Pferd von Anfang an praktisch nicht zu reiten gewesen wäre. Das Gericht hat daraufhin einen Sachverständigen beauftragt, der insbesondere beurteilen sollte, ob das Pferd dem Niveau der Klasse A entspricht.
Die Überprüfung des Gutachters ergab, dass das Pferd eine Form des Head-Shaking zeigte. Dieses Kopfschlagen interpretierte der Gutachter als Schmerz- und Unwilligkeitsäußerung, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Körperbau des Pferdes seine Ursache habe. Die anatomischen Besonderheiten des Pferdes beschrieb der Gutachter dahin, dass es einen tief angesetzten, gering bemuskelten Hals, einen Senkrücken und eine gering bemuskelte überhöhte Kruppe habe.
Dieser Senkrücken verstärke sich noch durch das Reitergewicht, weshalb für den Sachverständigen erklärbar war, dass das Pferd keine Auffälligkeiten zeigte, wenn es an der Hand ohne Sattel und Reiter vorgeführt wurde. Unter dem Reiter jedoch waren deutliche Abwehrreaktionen wie Kopfschlagen, Steigen, Davoneilen oder aber abruptes Stehenbleiben und seitliches Ausweichen zu beobachten. Der Gutachter kam zu der Auffassung, dass das Pferd keinesfalls den Anforderungen einer Dressur der Klasse A entspreche.
Dem folgte das Gericht. Es wertete die im Vertrag enthaltene Erklärung (des Ausbildungsstandes der Klasse A) als Beschaffenheitsvereinbarung. Außerdem sei das Pferd für den vertraglich vorausgesetzten Zweck zur Verwendung als Reitpferd ungeeignet. Dieser Feststellung übrigens hätte es gar nicht bedurft, weil hier eine Beschaffenheit vereinbart wurde. Wenn ein Pferd einer solchen Vereinbarung richt entspricht, ist es nach der gesetzlichen Definition von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB mit einem Sachmangel behaftet.
Nur am Rande: Das Gericht hielt es letztlich nicht einmal für aufklärungsbedürftig, ob nicht der Käufer auch deswegen vom Vertrag zurücktreten konnte, weil weder das Alter noch die Abstammung des Pferdes stimmten, die im Kaufvertrag angegeben worden waren.
Das Landgericht hat hier dem vom Sachverständigen festgestellten Rittigkeitsproblem deswegen die Sachmangelqualität zugeschrieben, weil nach Auffassung des Gutachters die Ursache im Körperbau des Pferdes zu suchen war. Es handelte sich also um eine anlagebedingte Rittigkeitsproblematik. Deswegen ist die Entscheidung nicht so ohne Weiteres zu übertragen auf Fälle, in denen nach Übergang ein Pferd Widersetzlichkeiten bis hin zum Steigen zeigt. In einer solchen Verhaltensänderung ? wenn das Pferd bis zur Übergabe nicht gestiegen ist ? wird von der Rechtsprechung in der Regel nicht einmal ein Mangel gesehen. Es wird vielmehr darauf abgestellt, dass Verhaltensveränderungen unter dem Reiter letztlich von dem Reiter verursacht werden, also auf mangelhafte Harmonie zwischen Reiter und Pferd zurückzuführen sind und nicht etwa auf einen Charaktermangel des Pferdes.
 
Zur Verjährung
Das Gericht sah erst gar keine Veranlassung, sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob grundsätzlich die Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate in dem von den Parteien unterzeichneten Vertrag überhaupt wirksam ist. Es hat vielmehr darauf abgestellt, dass innerhalb der drei Monate vom Käufer bereits der Rücktritt vom Vertrag erklärt worden war. Dass er deutlich später Klage erhoben hat, war nicht relevant. Maßgeblich für die Einhaltung der Verjährungsfrist ist die Frage, ob der Anspruch des Käufers auf mangelfreie Leistung oder Nacherfüllung im Zeitpunkt des Zugangs der Rücktrittserklärung bereits verjährt ist. Das war hier zweifelsfrei nicht der Fall, weil ja der Rücktritt deutlich innerhalb der drei Monate erklärt worden war. Zu beachten hat der Käufer eines Pferdes daher grundsätzlich nur, dass rechtzeitig innerhalb der Verjährungsfrist der Rücktritt erklärt wird.
 
Ergebnis
Im Einzelfall können auch Rittigkeitsprobleme einen Sachmangel darstellen. Das gilt insbesondere dann, wenn ein bestimmter Ausbildungsstand Inhalt der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit des verkauften Pferdes wird. In einem solchen Fall muss dann das Pferd auch dem zugesicherten Ausbildungsstand entsprechen. (
Dr. Dietrich Plewa Rechtsanwalt)

Warenkorb

Sie haben 0 Artikel in Ihrem Warenkorb

Warenkorbwert: 0,00€