Pferderecht: Abkürzungen können zu Missverständnissen führen
Erschienen am 04.02.2012
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Pferdekauf: Bedeutet "St. Pr." Staatsprämienstute?
Werden in einer Zeitungs- oder Internetanzeige bestimmte Angaben zu einem Verkaufspferd gemacht, müssen die zutreffen. Sind sie — auch versehentlich — falsch, muss der Verkäufer im Rahmen der Vertragsverhandlungen darauf hinweisen. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie der Text einer Verkaufsanzeige zu verstehen ist.
Inhalt von Anzeigen
Es ist längst weitverbreitet, Pferde über das Internet oder durch Anzeigen in Fachzeitschriften anzubieten. Schon aus Kostengründen werden dabei oftmals Abkürzungen gebraucht. Die sind meist für den Kaufinteressenten ohne weiteres zu verstehen. Niemand käme auf die Idee, beispielsweise die Angabe "5 j." anders zu interpretieren, als dass das Pferd fünf Jahre alt ist. Solche Angaben, ob abgekürzt oder nicht, müssen den Tatsachen entsprechen. Sie geben in der Regel wertbildende Merkmale wieder, etwa zur Abstammung, zu den Turniererfolgen oder sonstigen Eigenschaften des angebotenen Pferdes. Diese Angaben werden automatisch Vertragsinhalt, wenn nicht im Rahmen der Vertragshandlungen der Verkäufer davon abrückt. Hat sich beispielsweise bei Aufgabe der Anzeige oder deren Abdruck ein Irrtum eingeschlichen, muss der vom Verkäufer ausgeräumt werden. Wird etwa das Pferd mit L-Platzierungen inseriert, so ist die Angabe falsch, wenn das Pferd tatsächlich nur eine einzige Platzierung in Klasse L erzielt hat. Auf diese Falschangabe könnte später der Käufer den Rücktritt vom Vertrag oder gar eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung stützen. Der Verkäufer tut also gut daran, den Inhalt der von ihm aufgegebenen Anzeigen im Hinblick auf die sachliche Richtigkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls im Rahmen er Vertragsverhandlungen ausdrücklich, möglichst sogar schriftlich darauf hinzuweisen, dass der Text der Anzeige unzutreffend ist.
Der Streitfall
Problematisch wird die Sache dann, wenn Abkürzungen missverstanden werden können. In einem aktuell entschiedenen Fall hatte der Verkäufer eines Pferdes eine Anzeige mit sinngemäß folgendem Text aufgegeben: "5-jährige Stute, St.Pr., abstammend von ..."
Im Pferdepass waren vermerkt unter der Rubrik "Zuchtbucheintragungen/Ergebnisse von Eigenleistungsprüfungen" eine Zuchtstutenprüfung und die Auszeichnung mit einer Bezirksprämie. Der Pferdepass ist bei den Vertragsverhandlungen ebenso vorgelegt worden wie ein Blatt, auf welchem das Ergebnis der Eigenleistungsprüfung vor Verleihung der Bezirksprämie unter Angaben der einzelnen Noten für die Grundgangarten, Gebäude und Temperament aufgeführt waren. Auch dieses Blatt war dem Kaufinteressenten vorgelegt worden. Der stützte dann später seinen Rücktritt darauf, dass unter "St.Pr." Staatsprämienstute zu verstehen sei. Außerdem sei dieser Begriff im Rahmen der Vertragsverhandlungen auch gefallen. Den Nachweis, dass der Verkäufer eine entsprechende Erklärung tatsächlich abgegeben hatte, konnte in dem Prozess der Käufer nicht erbringen. Letztlich kaprizierte sich daher das Gerichtsverfahren auf die Frage, ob es für den Begriff der Staatsprämienstute eine bestimmte, allgemein verständliche und verbindliche Abkürzung gibt.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass jedenfalls unter "St.Pr." nicht Staatsprämienstute zu verstehen sei, dass damit vielmehr auch gemeint sein könne, dass das Pferd eine Stutenprüfung abgelegt haben könne.
Das Gericht hatte sich der Mühe unterzogen, zahlreiche Zeitungsanzeigen zu sichten. Daraus war zu entnehmen, dass für die Anpreisung als "Staatsprämienstute" sehr
unterschiedliche Abkürzungen Verwendung gefunden hatten, vornehmlich die Abkürzung "St.Pr.St.", teils aber auch "St.Pr. Stute", dagegen fand sich keine Anzeige, in der die von dem Verkäufer verwendete Abkürzung für den Begriff Staatsprämienstute Verwendung gefunden hat.
Fazit
Die Klage des Käufers hatte letztlich keinen Erfolg, weil er auch unter Einbeziehung des Inhalts der Anzeige nicht hat nachweisen können, dass tatsächlich als Beschaffenheit die Auszeichnung als Staatsprämienstute vereinbart war. Der Rechtsstreit zeigt aber doch, dass es geboten ist, möglichst auch Missverständnisse zu vermeiden, damit es erst gar nicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt.
Wenn eine Abkürzung nicht absolut einheitlich verstanden wird, sollte darauf ganz verzichtet werden. Spätestens bei den Vertragsverhandlungen ist dann Klarheit zu schaffen, am besten in der Form eines schriftlichen Vertrages.
Dr. Dietrich Plewa Rechtsanwalt