Rechtsprechung: Reitunfall bei Ausritt ohne Reitkappe

Erschienen am 05.07.2012

Reitstallbetreiber sollten Schüler aufmerksam machen

Betreiber von Reitschulen und gewerblichen Reitbetrieben haben die Pflicht, insbesondere minderjährige Reitschüler darauf aufmerksam zu machen, dass beim Reiten eine Reitkappe getragen werden sollte. Erfolgt dieser Hinweis, trifft dann allerdings auch den Reiter eine Verantwortung dafür, sich gegen Verletzungen zu schützen.

Die Ausgangslage

Nicht ohne Grund tragen inzwischen selbst routinierteste Dressurreiter Reithelme, zumindest im täglichen Training und beim Abreiten. Dass Reithelme, die bestimmten, genormten Anforderungen entsprechen müssen, einen wirksamen Schutz insbesondere vor Kopfverletzungen bieten können, ist anerkannt und Grundlage einschlägiger LPO-Bestimmungen. Was für den Turniersport gilt, sollte für den Reitschulbetrieb erst recht gelten. Schließlich bilden ja gerade Kinder, Jugendliche und Reitanfänger den Großteil der Kundschaft von gewerblichen Reit- und Ausbildungsbetrieben. Deren Inhaber bzw. die verantwortlichen Reitlehrer haben die Pflicht, die Reitschüler darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich Reitkappen während des Reitunterrichts zu tragen sind. Unterbleibt ein solcher Hinweis, stellt dies eine vertragliche Pflichtverletzung dar. Zieht sich der Reiter bei einem Sturz dann Verletzungen zu, die durch das Tragen eines Reithelmes vermieden oder in ihren Folgen vermindert worden wären, haftet dafür der Reitstallinhaber.

Die Verantwortung des Reiters

Das Landgericht Erfurt (LG) hat in einem Urteil die Eigenverantwortung des Reiters betont. Das LG ging grundsätzlich von der Hinweispflicht des Reitstallinhabers aus. Nach Auffassung des LG haftet er jedoch nicht, wenn sich der Reitschüler über die Empfehlung des Reitlehrers hinwegsetzt.

In dem entschiedenen Fall hatte die 16-jährige Klägerin ein Pferd für einen Ausritt gemietet. Sie war vom Pferd gestürzt und hatte sich eine Schädel-Hirn-Verletzung zugezogen. Sie verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld von dem Reitstallbetreiber.

In dem Prozess wurden Zeugen gehört, die bestätigten, dass der Reiterin die Empfehlung gegeben worden war, eine Reitkappe zu tragen. Die Reiterin habe sich jedoch geweigert mit der Begründung, sie wolle ihre Frisur nicht ruinieren.

Bei dieser Sachlage verneinte das LG ein Verschulden des Reitstallinhabers. Der habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, da er sich nach der Reiterfahrung der ihm unbekannten Reiterin erkundigt und die Reiterin auf das Erfordernis des Tragens einer Reitkappe hingewiesen habe. Eine Sorgfaltspflicht dahingehend, einen Ausritt ohne Reitkappe zu verhindern, sei abzulehnen.

Ob diese Rechtsauffassung gerade bei einer minderjährigen Reitschülerin Zustimmung verdient, sei hier dahingestellt. Hervorzuheben ist allerdings, dass das fehlende Verschulden, also die Erfüllung der Hinweispflicht vom Reitstallinhaber zu beweisen ist!

Das Mitverschulden

Das LG meinte zudem, dass ein Anspruch auch daran scheitern müsse, dass der Klägerin ein erhebliches Mitverschulden vorzuwerfen sei. Das sah das LG zunächst einmal darin, dass sich die 16-jährige Klägerin trotz unzureichender Reitkenntnisse überhaupt auf ein Pferd gesetzt habe. Zudem habe sie mit 16 Jahren auch die nötige Einsichtsfähigkeit, um das Risiko des Reitens ohne Reitkappe zu erkennen.

Sie träfe daher ein überwiegendes Mitverschulden an der Verursachung von Schäden, die darauf zurückzuführen seien, dass die Klägerin die Reitkappe nicht getragen habe.

Fazit

Dem Betreiber eines Reitstalles ist dringend zu empfehlen, seine Reitschüler auf die Notwendigkeit des Tragens einer Reitkappe hinzuweisen und sicherzustellen, dass er die Erteilung dieses Hinweises auch beweisen kann. Den Reitschüler wiederum trifft ein erhebliches Eigenverschulden, wenn er sich über den Hinweis des Reitlehrers hinweggesetzt und auf das Tragen einer Reitkappe verzichtet hat.

Dr. Dietrich Plewa Rechtsanwalt

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