Reitlehrerhaftung

Erschienen am 24.07.2015

Reitlehrer tragen ein erhebliches Haftungsrisiko. Das gilt erst Recht, wenn der Reitlehrer auch noch Halter des eingesetzten Schulpferdes ist. An einem Einzelfall soll dargestellt werden, dass der Reitlehrer nicht chancenlos ist bei der Verteidigung gegen einen Schadensersatzanspruch.

Der Fall

In einem Rechtsstreit, der in 2. Instanz vor dem Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) landete, ging es um einen Reitunfall und dessen Folgen. Der beklagte Reitlehrer hatte für einen Einzelunterricht ein in seinem Eigentum stehendes, erfahrenes Schulpferd eingesetzt. Während der Reitstunde wurde, ohne dass der Reitlehrer widersprochen hätte, eine Stute nebst Fohlen bei Fuß in der Halle geführt. Darauf reagierte das Reitschulpferd nach dem Eindruck der Reitschülerin nicht. Als Stute und  Fohlen die Halle verlassen hatten und das Bandentor geschlossen war, machte das Pferd im Trab einen plötzlichen Richtungswechsel in Richtung Ausgang, nachdem es an der Bandentür vorbeigetrabt war. Die Reiterin fiel vom Pferd und zog sich erhebliche Verletzungen zu. Daraufhin wurde der Reitlehrer auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Die Rechtslage

Zwischen dem Reitlehrer und seiner Schülerin war mündlich ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen worden. Der verpflichtete den Reitlehrer nicht nur, ordnungsgemäß Unterricht zu erteilen, sondern auch, vermeidbare Schäden auszuschließen. Wenn er diese Verpflichtung verletzt, haftet er nach § 280 BGB, sofern er nicht beweist, dass ihn kein Verschulden trifft.

In dem geschilderten Fall war der Reitlehrer auch noch Halter des Pferdes. Bei dem handelte es sich um ein sogenanntes Nutztier, weil es für berufli­che Zwecke des Reitlehrers eingesetzt wurde. Als Halter haftet er für jeden Schaden, der dem Reitschüler durch das Pferd zugefügt wird, sofern sich die von dem Pferd ausgehende Tiergefahr realisiert hat. Das war der Fall, weil das Pferd sich der Reiterhilfe entzogen und einen nicht gewollten Rich­tungswechsel vorgenommen hatte. Auch bei der Haftung des Nutztierhalters gilt, dass seine Schadensersatzverpflichtung nur dann entfällt, wenn er den Nachweis führt, dass er die erforderliche Sorgfalt beachtet oder dass auch bei Nichtbeachtung der geforderten Sorgfalt der Schaden nicht ver­meidbar gewesen wäre.

Mit diesen Fragen hatten sich zunächst das Landgericht (LG), sodann im Berufungsverfahren das OLG zu befassen.

Die 1. Instanz

Das LG ging davon aus, dass der Beklagte seine Sorgfaltspflicht verletzt habe, weil er es zugelassen hatte, dass während des Reitunterrichtes eine Stute nebst Fohlen in der Halle geführt wurde. Dieser Umstand sei aber letztlich nicht ursächlich geworden für den Schadenseintritt, weil das Fohlen unmittelbar neben der Stute gelaufen war. Das Fohlen habe sich, so das LG, in gleicher Weise in der Halle bewegt, wie wenn es geführt worden wäre.

Das LG war weiterhin der Meinung, den Reitlehrer habe wohl die erhöhte Sorgfaltspflicht getroffen, beim Herausführen von Stute und Fohlen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Auch insoweit aber hat es einen ursächlichen Zusammenhang verneint. Das Schulpferd hatte erst, nachdem Stute und Fohlen die Halle verlassen hatten und das Bandentor geschlossen war, plötzlich die Richtung gewechselt. Das Landgericht meinte, dass zu­mindest nicht nachzuweisen sei, dass insoweit ein Zusammenhang bestehe.

Die 2. Instanz

Die Berufungsinstanz, das OLG, hielt die Angelegenheit für nicht ausrei­chend aufgeklärt und zog einen Sachverständigen hinzu.

Nach dessen Anhörung ließ es das Gericht offen, ob der Reitlehrer bereits seine Sorgfaltspflicht verletzt hatte, indem er es zugelassen hatte, dass während des Unterrichts eine Stute nebst Fohlen in der Halle geführt wurde. Weil das Schulpferd darauf nicht reagiert hatte, wurde vom OLG ein ursächlicher Zusammenhang mit dem späteren Sturz verneint.

Das OLG sah allerdings eine Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten darin, dass er der Reitschülerin nicht die Anweisung erteilt hatte, das Pferd anzuhalten, als Stute und Fohlen den von der Reiterin benutzten Zirkel durchquerten und die Ausgangstüre geöffnet wurde. Der Beklagte habe zumindest die Reiterin auffordern müssen, im Schritt weiter zu reiten.

Trotz dieser Pflichtverletzung wurde die Klage abgewiesen. Zwar meinte das Gericht, dass der Richtungswechsel des Schulpferdes darauf zurückzuführen sei, dass Stute und Fohlen die Halle verlassen hatten. Das aber reichte für eine Verurteilung nicht. Der Reitlehrer hatte geltend gemacht, dass sich der Unfall auch dann ereignet hätte, wenn er die Reiterin veranlasst hätte, das Pferd zum Schritt durchzuparieren. Spätestens dann nämlich, wenn Stute und Fohlen die Halle verlassen hatten und das Hallentor geschlossen war, hätte er die Anweisung geben dürfen, wieder anzutraben. Der plötzliche Richtungswechsel des Schulpferdes hatte sich erst ereignet, nachdem das Hallentor wieder geschlossen war. Zu diesem Zeitpunkt hätte nach Ansicht des OLG das Pferd durchaus wieder angetrabt werden dürfen. Es hätte sich dann also auch bei ordnungsgemäßem Verhalten ries Reitlehrers der Richtungswechsel ereignet, der zu dem Sturz der Reiterin führte.

Fazit:

Reitlehrer tragen grundsätzlich ein hohes Haftungsrisiko. An ihre Sorgfalt werden hohe Anforderungen gestellt. Zudem müssen Reitlehrer, wenn sie ihre Sorgfaltspflicht verletzt haben, beweisen, dass der Unfall nicht auf die Sorgfaltspflichtverletzung zurückzuführen ist. Der geschilderte Rechtsstreit zeigt, dass dies im Einzellfall möglich ist.

Dr. Plewa / Dr. Schlieker - Rechtsanwälte

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