Stutenfamilien in Mecklenburg Vorpommern (2)

Erschienen am 04.05.2011
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Ihre Bedeutung haben viele Züchtergenerationen erkannt / dieser Beitrag handelt von der Familie der WELLSTEINERIN (2)Mecklenburger Remonte, geb. 1932, v. Neonat, Enkelin der Wellensteinerin (Züchter: Burmeister, Selow). Foto: Archiv

von Christin Romanowski

Ussul war lange das gewinnreichste und auch erfolgreichste Mecklenburger Sportpferd. Er entstammt einer der bedeutendsten Stutenfamilien unseres Landes. Die Familie der Wellsteinerin besitzt erfolgreiche Zweige bis in die heutige Zeit.
Von der Stammstute ausgehend soll diese Familie mit ihren beiden bedeutenden Zweigen bis zu ihren heutigen Nachkommen besprochen werden.
Die Heimat der Stutenfamilie der Wellsteinerin liegt bei der Zuchtstätte Burmeister in Selow bei Passin. Bis in die 60-iger Jahre hinein ist diese Stutenfamilie dort gepflegt und züchterisch weiter entwickelt worden. Die braune Stammstute Wellsteinerin vom Wellstein ? Achilles III ? Elektor ist oldenburgischen Ursprungs. Sie wurde 1912 geboren und als Fohlen von Familie Burmeister erworben. Die Stute ist unter der Nummer 2625 im dritten Band der mecklenburgischen Gestütbücher geführt. Diese Familie lässt sich also bis fast zu den Anfängen der mecklenburgischen Stutbuchführung (1896) zurückverfolgen. Wellsteinerin war sehr fruchtbar und hat in 7 Zuchtjahren 6 Fohlen gebracht. Über zwei ihrer Stutfohlen liegen gesicherte Nachweise bis in die heutige Zeit vor.
Playboy, geb. 1995 v. Prinz Pilot, geritten von Dorthe Fischer, geht in 9. Generation auf Wellensteinerin zurück. Foto: WegoDie erste Tochter ist die Stute Wellsteinerin I vom Naseweis. An der Namensgebung ist die damals noch übliche Benennung nach der Mutter zu erkennen. Diese Benennung drückt die Wertschätzung der mütterlichen Abstammung zu jener Zeit aus. Im Laufe des zweiten Weltkrieges hat sich diese einst angestrebte Tradition verloren. Wellsteinerin I wurde 1919 geboren und hat einen leistungsstarken Zweig der Familie begründet. Neben einem erfolgreichen Stutenstamm lieferte sie auch überdurchschnittliche Pferde für den Export.
Ihre Tochter vom Florian Geyer, nach Aussagen von Ernst Burmeister ein eher zartes und etwas schwerfuttriges Pferd, brachte 1948 die Stute Dickicht vom Dietz. Diese braune Stute hat lange bei der Familie Burmeister gewirkt. 1950 lieferte sie die Staatsprämienstute Falkendiva vom Falkenhayn. 10 Jahre später brachte Dickicht einen gekörten Hengst vom Arrest (Adjutant). Sowohl Falkendiva als auch Dickicht waren sehr fruchtbar und haben jedes Jahr ein Fohlen geführt und konnten auch bei der täglichen Feldarbeit durch außerordentliche Härte überzeugen. In der Erntezeit sind Falkendiva und ein Wallach gleicher Abstammung dreimal am Tag mit einem über 60 Doppelzentner schweren Erntewagen bis nach Bützow gezogen. Trotzdem sollen diese Pferde am Abend noch frisch gewesen sein.
Die Stute Falkendiva hat zur erfolgreichen Verbreitung des Stammes insbesondere durch ihre beiden gekörten Söhne Anilin I und II vom Arrest beigetragen. Diese beiden 1955 und ´60 geborenen Hengste gehörten zu den Leistungsträgern der mecklenburgischen Zucht.
1965 konnte Falkendiva noch die Staatsprämienstute Dorina vom Dornat I stellen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Pferde der Selower Zucht bereits an verschiedene landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften verkauft worden. Im Zuge der Eingliederung des Burmeisterschen Hofes in die LPG konnte die Familie keine eigenen Pferde mehr halten. Diese Entwicklung traf fast alle kleinbäuerlichen Züchter in Mecklenburg und viele damals erfolgreiche Stutenstämme sind der mecklenburgischen Zucht verloren gegangen. Durch die zunehmende Technisierung in der Landwirtschaft wurden nur noch wenige Pferde gebraucht.
Auch die 1996 geborene Ambodina v. Amboseli, geritten von Dr. C.Wesenauer, geht auf Wellensteinerin zurück. Foto: WegoFalkendiva ist in die LPG Zennin verkauft worden und brachte dort Dorina. Diese Staatsprämienstute konnte sich, wie ihre Mutter, mit überdurchschnittlichen Nachkommen behaupten. Herausragend sind ihre beiden gekörten Söhne Mistral I und II v. Modus xx (geb.1969 und 1971). Sie lieferten zahlreiche hocherfolgreiche Sportpferde, wobei Missouri, Mikat und Minister besonders hervorzuheben sind. Auch über ihre weiblichen Nachkommen, als Muttervater, konnten Mistral I und II leistungsstarke Pferde hervorbringen. Neben diesen beiden Hengsten brachte Dorina 1967 die Staatsprämienstute Armgardt vom Akbar I. Interessanterweise ist diese Stute damit auf ihren eigenen Stamm ingezogen, da der Hengst Akbar I dem zweiten großen Zweig der Familie der Wellsteinerin entstammt.
Neben Armgardt brachte Dorina noch eine Stute vom Infant. Über weitere Generationsfolgen entstammen dieser Stute einige bis heute erfolgreiche Sportstuten. Eine Rückkehr dieser Stuten in die Zucht, nach ihrer sportlichen Laufbahn, wäre wünschenswert, um diesen Stamm in seiner Breite zu erhalten. Die bereits erwähnte Staatsprämienstute Armgardt bekam 1972 und ´77 je eine Stute vom Sultan. Ab ungefähr diesem Zeitraum befindet sich die Wirkungsstätte dieses Stutenstammes auf dem Gut Karow. Dort werden noch bis heute Stuten aus dieser Familie gehalten. Diese Sultan-Vollgeschwister konnten ebenfalls erfolgreiche Nachkommen liefern. Die Erstgeborene Sutalia stellte über eine Tochter vom Filibert einen der ersten, vom wiedergegründeten Verband der Pferdezüchter gekörten Hengst. Dieser 1989 geborene Margant vom Marlesko xx wurde 1992 in Redefin gekört.
Sutalias jüngere Schwester Sulrina lieferte aus einer Bedeckung mit Ussuri xx das momentan gewinnreichste mecklenburgische Springpferd. Der unter Heiko Schmidt so erfolgreiche USSUL kann auf eine Jahresgewinnsumme von nahezu 29 000 Euro verweisen. Seine Lebendgewinnsumme beläuft sich mittlerweile auf ca. 69 000 Euro. Zu den zweifellos größten Erfolgen dieses Wallachs gehört der 4. Platz beim Deutschen Springderby 2004. Ussul ist eines der herausragenden Pferde dieses Stutenstammes. Er ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis einer durchdachten und bewährten Zuchtstrategie. Viele Pferde dieses Stammes zeichnen sich durch eine besondere Springanlage aus. Besonders die Anpaarung mit Vollblütern passt zu dieser Familie und hat zu hervorragenden Sportprodukten geführt.
Neben Ussul bekam Sulrina 1982 noch ein Stutfohlen vom Remus. Diese St.pr.St. Reselde führt über eine Kurfest- Tochter zu der in Oldenburg eingetragenen Stute Destiny v. Don Primero (geb.1994). Sie kann auf Dressurerfolge bis zur schweren Klasse verweisen.
Berühmtester Vertreter der Stutenfamilie ist der 1993 geborene derzeit erfolgreichste Mecklenburger Ussuri xx-Sohn Ussul. Foto: WegoDer zweite große Zweig der Familie der Wellsteinerin begründet sich mit der Tochter Wellsteinera vom Welsung. Auch hier wird die damals übliche Namensgebung deutlich. Dadurch konnten viele Stuten eindeutig ihren Familien zugeordnet werden. Wellsteinera ist später als ihre Schwester Wellsteinerin I geboren. Sie wurde Mutter einer Staatsprämienstute vom Florian Geyer. Jene Florseide bekam 1947 die Funkzeitung vom Funkspruch. Daraus fiel 1953 die Staatsprämienstute Dollarzeitung vom Dollarprinz. Auch Funkzeitung und Dollarzeitung sollen außerordentlich harte und fruchtbare Stuten gewesen sein, auch wenn sie als junge Pferde nicht ganz einfach zu handhaben gewesen sein sollen. Dollarzeitung wurde 3-jährig auf der zentralen Stutenschau in Leipzig mit einem 1c Preis ausgezeichnet und erhielt während ihrer aktiven Zuchtzeit zahlreiche Nachzuchtpreise. Der Familienzweig der Wellsteinera wurde bei Familie Burmeister als die Fuchslinie bezeichnet, da aus ihr fast immer Füchse hervorgingen; meist sogar mit deutlichen Stichelhaaren. Der Zweig der Wellsteinerin I hingegen war fast reinerbig braun. Auch bei der Hengstauswahl wurde dieses Kriterium mit berücksichtigt.
Die Staatsprämienstute Dollarzeitung brachte 1960 und ´63 aus der Anpaarung mit Arrest die gekörten Hengste Akbar I und II. Akbar I ist unter anderem Vater der bereits erwähnten St.pr.St. Armgardt aus dem anderen Familienzweig. Neben zwei gekörten Hengsten lieferte Dollarzeitung 1964 die Staatsprämienstute Ellinda v. Eberswalde und 1968 in der Formländerin v. Formland ebenfalls wieder eine Staatsprämienstute. Aus beiden Stuten sind über jeweils zwei bzw. drei weitere Generationen wieder erfolgreiche Sportpferde zu finden.
Aus dem Zweig der Ellinda, welche mit 97 von 100 möglichen Punkten dem damaligen Zuchtziel in nahezu idealer Weise entsprach, sind zwei Sportpferde besonders hervorzuheben: Zum einen der Sporthengst Playboy v. Prinz Pilot (geb.1995) aus der Flavia v. Flugsand, welcher bis M-Dressur erfolgreich ist. Ebenfalls aus der Flavia entstammt der 1994 geborene Wallach Goodwill v. Golden Miller. Er kann auf Erfolge im Springsport bis zur Klasse M verweisen. Hier ist eine deutliche Doppelveranlagung in der Vererbung dieser Stute zu erkennen.
Die Familie der Wellsteinerin gehört zu den erfolgreichsten unseres Landes. Aus ihr sind 8 gekörte Hengste, zahlreiche Staatsprämienstuten sowie erfolgreiche Sportpferde bis zur schweren Klasse hervorgegangen. Es bleibt zu hoffen, dass zahlreiche Nachkommen dieser erfolgreichen Familie züchterisch weiter genutzt werden.
Kristin Romanowski
Weitere Hinweise zu Nachkommen aus dieser Familie nimmt die Autorin gern entgegen.
 
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