Redefin: Zuchtseminar mit Dr. Hans-Peter Karp
Erschienen am 29.11.2010
Springgene unbedingt in der Dressurpferdezucht erhalten
(Redefin) Dieser Gedanke zog sich durch den gesamten Vortrag von Dr. Hans-Peter Karp beim Zuchtseminar am 28. November im Schulungsraum des Landgestüts Redefin. Die 28 Anwesenden, darunter sogar Züchter aus Bayern, dem Rheinland und Schleswig-Holstein, erlebten einen hochinteressanten Vortrag und Vielen sprach der versierte Hippologe aus dem Herzen.
Antje Kerber, Geschäftsführerin des Landgestüts Redefin, hatte zu diesem ersten Züchterseminar eingeladen und dazu den Münsteraner Dr. Karp gewonnen, der selbst aktiver Züchter ist, mit besonderer Neigung zur Trakehnerzucht. Er begann seinen Vortrag deshalb auch mit dem „Alleskönner“ Nurmi. Der als Trakehner 1936 die Olympische Goldmedaille in der Vielseitigkeit gewann. Der Turnier- und Zuchtrichter, Mitglied der Trakehner Körkommission und als Futterexperte auch Buchautor, hatte für seinen Vortrag das Thema gewählt: „Die Bedeutung der Doppelveranlagung von Zuchtpferden“.
Ausgesprochen schade, dass nur so wenige Züchter und Zuchtrichter aus Mecklenburg-Vorpommern dabei waren. Wenn der Vortrag für gestandene Züchter vielleicht wenig revolutionierend Neues brachte, so waren die Aussagen von Dr. Karp doch Balsam für die Seele derer, die der absoluten Spezialisierung in Dressur- und Springpferdezucht eher kritisch gegenüber stehen.
Sein Vortrag bezog sich schwerpunktmäßig auf die Trakehner- und Dressurpferdezucht allgemein. Doch der Gedanke, und sein eindringlicher Appell, das Merkmal „Springen“ dabei in den Zuchtpferden nicht zu vernachlässigen, zog sich wie ein roter Faden durch den gesamten Vortrag und erhielt von den Teilnehmern aus MV offene Zustimmung.

„Es besteht eine negative Korrelation (Redaktion: Beziehung zwischen zwei oder mehreren statistischen Variablen) zwischen hohem Dressurzuchtwert und Springen, aber auch eine positive Korrelation zwischen hohem Zuchtwert im Springen und Dressurleistung“, so Dr. Karp. Es ist wirklich schade, dass sich das nicht mehr junge Züchter aus unserem Land angehört haben!
Der Hippologe sagte, es sei leichter mit springbetonten Hengsten auch Dressurpferde zu züchten als umgekehrt. Er nannte die Tragfähigkeit des Rückens, die Bemuskelung der Hinterhand und die kraftvolle Galoppade der Springpferde, von denen das Dressurpferd profitieren kann. Dies sei auch vor dem Hintergrund von Bedeutung, weil 75% der Turniersportprüfungen mit dem Merkmal Springen zu tun haben. Eine stärkere Beachtung der Springveranlagung würde die Dressureigenschaften und die Vermarktungschancen verbessern.
Die Doppelveranlagung ist in zahlreichen Stutenfamilien der Warmblutzucht „noch“ genetisch verankert. Dabei hob Dr. Karp auch die Mecklenburger Stutenfamilien ausdrücklich hervor, in denen das Springen genetisch noch besonders stark verankert ist. Seine Analyse der Hengste des Landgestüts Redefin ergab ebenfalls, dass die Mehrheit der Hengste des Gestüts doppelt veranlagt sind (Beispiel: D’Olympic, Sergeant Pepper, Saverio, Calino Tarnko).
Er appellierte an die Anwesenden, Springveranlagte Stuten nicht mit reinen Dressurhengsten anzupaaren und nicht der Gefahr von „Modehengsten„ auf Hochglanzprospekten zu erliegen. Gleichzeitig rief er dazu auf, Edelblutkompotenten wie Englische Vollblüter, Arabische Vollblüter, aber auch gezielt Anglo Arabische Hengste in der Zucht nicht zu vernachlässigen. Es sei zwar schwierig hier den passenden Hengst zu finden und der Markt honoriert das Risiko mit Produkten aus solchen Anpaarungen leider nicht. Der dosierte Einsatz ist für die Warmblutzucht sei aber unverzichtbar, man solle aber auch hier besonders auf die Springveranlagung achten.
Dabei richtete er wieder einen Blick zu den Trakehnern in dem er sagte: „Springgene dürfen nicht aus der Trakehnerpopulation verdrängt werden“. Auf einen Zwischenruf aus den Reihen der Anwesenden, dass die Trakehnerzucht bis 1990 zahlreiche springbegabte Hengste in der DDR hervorgebracht hat, die im gemeinsamen Deutschland aber wenig Beachtung fanden, sagte Dr. Karp: „Das ist richtig und zu bedauern. Inzwischen haben sich die Erkenntnisse und Einstellungen aber wieder deutlich in Richtung Doppelveranlagung geändert“.
In einem zweiten Teil seines Vortrags befasste sich Dr. Hans-Peter Karp mit der Fütterung von Zuchtstuten und Fohlen, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von orthopädischen Problemen. Da wir in einer langen Serie die Fütterung in „Mecklenburger Pferde“ ausführlich behandelt haben, deren Inhalt sich mit den Aussagen von Dr. Karp decken, verzichten wir hier auf nähere Ausführungen. (Wego)