Warendorf: Betriebsleitermeeting
Erschienen am 10.11.2011
Ein guter Weidezaun ist tierschutzgerecht und hütesicher
Warendorf - Pferdehaltung und Management, Haftungsrecht und Neuigkeiten aus der Abteilung Ausbildung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) standen im Mittelpunkt des Betriebsleitermeetings Anfang November, zu dem rund hundert Teilnehmer nach Warendorf gekommen waren.
Mit drastischen Bildern von Weideverletzungen und Autounfällen mit Pferden machte Dr. Karsten Zech, Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die Folgen unsachgemäßer Pferdeweidezäune klar. "Die Einzäunung von Pferdeweiden muss tierschutzgerecht und hütesicher sein", nannte der Tierarzt die Kriterien. Wer aber über die Lande fährt, sieht oft abenteuerliche Zäune: Kaum sichtbare oder mit mehreren Knoten geflickte Elektrolitzen, gehalten von windschiefen Plastikweidepfählen oder gar noch den längst für Pferdehaltung nicht mehr zulässigen Stacheldraht. "Es gibt kaum einen Bereich in der Pferdehaltung, der weniger den fachlichen Ansprüchen genügt als die Einzäunung", so seine Erfahrung, die er als Mitglied der Besichtigungskommission für kennzeichnungswillige Pferdebetriebe im Pferdesportverband Weser-Ems machte. Wenn dann die Weidefläche noch sehr klein oder der Grad der Vernachlässigung - auch im Winter muss Wasser und Futter vorhanden sein - hoch ist, steigt die Ausbruchgefahr. Dabei stellt die Weide eigentlich optimale Haltungsbedingungen dar - vorausgesetzt die Einzäunung stimmt, Verletzungsgefahren sind minimiert und das Hygienemanagement sorgt für geringen Keimdruck.
Worauf es bei einer guten und fachlich richtigen Einzäunung ankommt, verriet der Experte, der auch als Gutachter in Schadensfällen im Einsatz ist, natürlich auch. Zwei Einzäunungsarten kommen in Frage: Der Stabilzaun und der Elekrozaun. Der Stabilzaun ist in der Regel aus Holz oder Metall. Beides ist wartungs- und kostenintensiv. Schwachpunkte sind hier häufig zu geringe Höhen im Verhältnis zur Fläche und zu den Pferden - so sollte ein Hengstzaun mindestens 1,80 Meter hoch sein. Auch Elektroeinzäunungen haben Schwachpunkte, die allerdings in der Regel haus- oder besser noch selbstgemacht sind. Oft wird am Material gespart und die billigere Litze gewählt. Der geringere Preis schlägt sich aber in der Qualität nieder. Damit ein Elektrozaun tierschutzgerecht und hütesicher ist, muss er eine bestimmte Mindeststromstärke haben und vor allem, muss er auch den Strom einwandfrei leiten. Zudem sollte er dem Wind und Witterung standhalten und nicht durchhängen oder gar reißen. Wer nun meint, das kann ja leicht mit einem Knoten repariert werden, der irrt: Per Knoten zusammengeflickte Litzen leiten nicht mehr richtig.
"Egal welche Einzäunung sie auch wählen: Machen Sie sich vorher schlau, wie der Zaun erstellt werden muss, damit er fachgerecht im Sinne von tierschutzgerecht und hütesicher ist. Es gibt Bücher und Menschen, die sie beraten können. Als Tierarzt und als Gutachter kann ich Ihnen dies nur raten. Die Folgen schlechter Einzäunung können verherrend sein", appellierte Dr. Karsten Zech an die Zuhörer.
Ein aktuelles Urteil in einem Fall ausgebrochener Pferde mit Unfallfolge griff auch FN-Justitiar Dr. Joachim Wann auf. In Bayern war in diesem Jahr eine Pferdehalterin zu Schadensersatz verurteilt worden. "Sie als Pferdehalter haben eine Sorgfaltspflicht." Wenn diese verletzt wird und Schäden entstehen, haftet der Pferdehalter. So hat er nach § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine Schadensersatzpflicht, wenn er fahrlässig handelt und damit ein Dritter zu Schaden kommt. Ein Haftungsbeispiel wäre, wenn sich ein Pferd an einem unsachgemäß errichteten Zaun verletzt. Um Haftungsrisiken abzusichern, braucht es einen Betriebshaftpflicht. Die gilt aber nicht für in Verwahrung Genommenes, was für die meisten Betriebe zutrifft, denn die dort untergebrachten Pferde sind in der Regel im Eigentum Dritter. Hier käme eine Obhutsschadensversicherung zum Tragen. Ein weiterer für Pferdehalter relevanter Paragraf ist der § 834 BGB, in dem die Haftung des Tieraufsehers geregelt ist und ein solcher ist jemand, der Pferde hält beziehungsweise bei dem die Pferde untergebracht sind. Hier ist eine Tierhüterhaftpflichtversicherung zwingend notwendig. Wer Eigentümer eines Pferdes ist, braucht eine Tierhalterhaftpflichtversicherung, denn ein Pferd kann Schäden verursachen, für die der Besitzer haftet (§ 833 BGB). Auch Pferdebetriebe können Pferde besitzen. Zum Beispiel Pferde, die im Reitschulbetrieb eingesetzt werden. Der Gesetzgeber unterscheidet dabei Luxus- und Erwerbstiere. Schulpferde in einer Reitschule sind solche Erwerbstiere. Hier empfiehlt es sich eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abzuschließen, die neben dem Fremdreiterrisiko auch die gewerbliche Nutzung des Pferdes einschließt.
Am zweiten Tag des Betriebsleitermeetings ging es in die Reithalle. Dort stand das Thema Ausbildung auf dem Programm. Schließlich sind viele der Betriebsleiter auch Ausbilder. Monika Schroeter, Nachwuchsführungskraft in der FN-Abteilung Ausbildung, stellte das Konzept der Kinder- und Jugendausbildung in Frankreich vor. Seit zehn Jahren gehen die Franzosen neue Wege. Im Pferdezentrum der französischen FN, dem Parc Equestre in Lamotte Beuvron, lernen Kinder die reiterlichen Grundlagen mit dem Pferd - oder besser mit dem Shetlandpony. Alle sitzen mit Sicherheitswesten und mit Reitkappe auf dem Pony und werden spielerisch und mit vielen Probiermöglichkeiten ausgebildet. "Dabei wird viel mehr Wert auf das ausbalancierte und losgelassene Sitzen und das selbständige Reiten gelegt als bei uns, wo es doch häufig nur ums ?schöne? Sitzen geht", berichtete Monika Schroeter, die sich das Konzept im Frühjahr bei einem Besuch vor Ort angesehen hat. Wie Unterricht für nicht turniersportorientierte Reiter aussehen kann, ob Kinder oder Erwachsene, zeigten Monika Schroeter und ihre FN-Kollegin, Pferdewirtschaftsmeisterin Friederike Topphoff-Kaup, auch in Praxis. Den Abschluss des Betriebsleitermeetings bildete die Vorstellung des neuen Aufgabenheftes Reiten. Von A bis S wurden am Beispiel je einer Aufgabe die Neuerungen vorgestellt, die viel Lob bei den Betriebsleitern fanden. (fn-press)