Interview mit dem Bundestrainer

Erschienen am 17.01.2012

Otto Becker freut sich auf London

Münster - Als Bundestrainer der deutschen Springreiter ist Otto Becker ein viel gefragter Mann. Gestern Morgen war er zu Gast beim K+K-Cup, dem traditionellen Reit- und Springturnier in der Halle Münsterland. Am Mittag reiste er weiter in Richtung Basel, wo seit Donnerstag ebenfalls ein großes Turnier auf dem Programm steht. Unser Redaktionsmitglied Uwe Peppenhorst nutzte Beckers Stippvisite nach Münster, um dem 53-Jährigen einige Fragen zu stellen.

Otto Becker, das Sportjahr 2012 steht ganz im Zeichen der Olympischen Spiele. Mit welchem Gefühl blicken Sie Richtung London?

Becker: Ich freue mich sehr auf London. Wir werden dort kompakte Spiele mit einer tollen Stimmung erleben. Aus Sicht der Reiter ist besonders erfreulich, dass unsere Wettbewerbe zentral in das Wettkampf-Programm eingebunden sind, und dass wir endlich auch einmal im Olympischen Dorf wohnen können. Bei den Spielen, die ich bisher mitgemacht habe, war das nie der Fall.

Sie sind dreimaliger Olympia-Teilnehmer. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit den einzelnen Teilnahmen?

Becker: Der erste Auftritt 1988 in Barcelona ging ziemlich daneben. Zwar gewann Ludger Beerbaum Gold in der Einzelwertung, als Mannschaft landeten wir dagegen unter ferner starteten. An Sydney im Jahr 2000 habe ich dagegen nur schöne Erinnerungen - tolle Spiele, tolles Land. Und außerdem haben wir mit der Mannschaft Gold geholt und ich habe zwei Null-Runden dazu beigesteuert. Vier Jahre später in Athen waren wir mit dem Team wieder Erster, leider wurde uns Gold dann aber später wegen der nicht angemeldeten Medikation bei Ludgers Pferd Goldfever wieder aberkannt. Statt dessen gab es Bronze.

Sie sind seit Anfang 2009 Bundestrainer und haben die deutschen Springreiter wieder in die Erfolgsspur geführt. Vor zwei Jahren gab es Mannschafts-Gold bei der WM, im vergangenen Jahr folgte der Titelgewinn mit dem Team bei der EM. Darf man daraus schließen, dass die deutschen Reiter in London als Top-Favorit an den Start gehen?

Becker: Wenn wir mit diesem Gefühl nach London fahren, haben wir schon verloren. Natürlich haben mich die genannten Erfolge sehr gefreut. Aber jetzt gilt es, nach vorne zu blicken und sich auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren. Das Wichtigste ist in diesem Zusammenhang, dass wir auch weiterhin als Team auftreten. Und natürlich, dass Reiter und Pferde gesund bleiben.

Aktuell gehören Christian Ahlmann, Ludger Beerbaum, Meredith Michaels-Beerbaum, Marcus Ehning, Marco Kutscher Janne-Friederike Meyer, Carsten-Otto Nagel und Philipp Weishaupt dem Championatskader an. Heißt das, dass die vier London-Starter aus diesem Kreis kommen?

Becker: Ich habe in der Vergangenheit mehrmals darauf hingewiesen, dass es sich bei den einzelnen Kadern nicht um eine geschlossene Gesellschaft handelt. Das heißt, dass jeder Reiter, der eine entsprechende Leistung bringt, eine Chance hat, in London dabei zu sein. Aktuell ist es sicherlich so, dass die von ihnen genannten Reiter leicht im Vorteil sind. Aber auch sie müssen sich in den nächsten Monaten neu beweisen.

Wie sieht der Weg zu den Olympischen Spielen aus?

Becker: Es wird keine offiziellen Sichtungen geben, wir halten das ganze Jahr über die Augen auf. Die endgültige Nominierung erfolgt nach dem CHIO in Aachen.

Sie fördern bewusst den Nachwuchs. Bei den Weltcup-Turnieren sieht man aber kaum mal einen Reiter aus diesem Kreis am Start. Warum eigentlich nicht?

Becker: Die Nachwuchs-Förderung ist für mich in der Tat ein ganz wichtiger Baustein. Wir fördern die Reiter aus der zweiten Reihe, wo immer es geht und setzen sie dort, wo es möglich ist, auch bei großen Turnieren ein. Oft steht allerdings nur eine begrenzte Anzahl von Startplätzen zur Verfügung. Und dann wird es schwierig Wunsch und Wirklichkeit unter einen Hut zu bringen.

Hans Günter Winkler hat eine sechswöchige Winter- oder Sommerpause für Reiter und Pferde angeregt. Ihre Meinung?

Becker: Ich glaube nicht, dass wir so etwas brauchen. Die Reiter wissen selbst ganz genau, was sie sich und ihren Pferden zumuten können. Carsten-Otto Nagel beispielsweise hat seine Corradina zuletzt drei Monate im Stall gelassen, auch andere Spitzenreiter gönnen ihren Spitzenpferden immer wieder längere Pausen. Das zeigt, dass sich die Reiter ihrer Verantwortung gegenüber den Pferden bewusst sind. Wichtig ist ein gutes Management. Und das haben unsere Reiter. (Quelle: Westfälische Nachrichten)

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