London: Reiter haben seit Hongkong gelernt
Erschienen am 26.07.2012
Einen neuen Fall Ahlmann soll es nicht geben
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Mitglieder des deutschen Reitteams bewegen ihre Pferde in Greenwich Park. Foto: Jim Hollander, DPA
Die Olympischen Spiele vor vier Jahren begannen für die deutschen Reiter mit drei goldenen Medaillen und zünftigen Feiern - und sie endeten mit einem Schock. Der Dopingfall von Christian Ahlmanns Pferd Cöster erschütterte den deutschen Pferdesport.
Der Schrecken von Hongkong und die anschließende Krise haben die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) verändert und zugleich die Sensibilität der Öffentlichkeit vor den Spielen in London erhöht.
Fünf Medaillen sind eingeplant, davon zwei goldene. So kalkulieren der Reitverband FN und der DOSB. Dopingsünder soll es diesmal aber nicht geben. "Wir wollen uns und der Mannschaft ein zweites Hongkong ersparen", sagte FN-Sportchef Dennis Peiler. Er verweist auf die vielen Veränderungen, seitdem bei Ahlmanns Pferd Capsaicin gefunden und dies vom Sportgerichtshof CAS als Doping eingestuft wurde.
Peiler ist Realist und weiß: "Wer manipulieren will, der wird es weiter versuchen." Der deutsche Verband habe jedoch reagiert. "Wir haben viel Geld in die Hand genommen und Manpower eingesetzt, um die Prävention zu verbessern", erklärte der FN-Sportchef. Vorangegangen waren lange Diskussionen und Druck durch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, die unmissverständlich mit dem TV-Aus für den Reitsport gedroht hatten.
"Es gibt ein überarbeitetes Regelwerk mit schärferen Sanktionen", beschreibt Peiler einen wesentlichen Teil des nach Hongkong umgesetzten Programms. Die Erhöhung der Sperren auf zwei Jahre bei Dopingfällen sowie Geldstrafen gehören dazu. Der Etat für den Kampf gegen Doping ist von der FN auf eine Million Euro verdoppelt worden. Und: "Die Zahl der Wettkampf-Kontrollen bei den Pferden ist erhöht worden." Außerdem gibt es vermehrt Kontrollen der Reiter - obwohl bei den bekannten Betrugsfällen nicht die Menschen, sondern immer die Tiere manipuliert waren.
Neu ist auch, dass der Verband "Verträge mit den Reitern geschlossen hat", erklärt Peiler. Dazu gehört, dass Stallbücher geführt und alle Behandlungen der Toppferde mit dem Mannschafts-Tierarzt abgesprochen werden müssen. Aber auch die Sanktionen sind schriftlich festgehalten.
Abschreckung ist ein Teil, wichtig ist dem Verband indes auch: "Wir wollen, dass keine Fälle aus Unwissenheit passieren." Im Reitsport, bei dem zwischen Doping und im Wettkampf verbotener Medikation unterschieden wird, ist es ungleich komplizierter als im Humansport. "Bei jedem Lehrgang und bei jeder Besprechung ist die Medikation und die Behandlung ein zentrales Thema", erläuterte der FN-Sportchef.
Obwohl der Anlass bereits vier Jahre zurückliegt, steht eine wesentliche Maßnahme weiterhin aus: Die Trainingskontrollen der Pferde in Zusammenarbeit mit der NADA sind noch immer nicht gestartet. "Genauigkeit geht vor Schnelligkeit", versicherte Peiler. Die NADA habe Tierärzte eingestellt und ein Handbuch erstellt. Erst nach den Olympischen Spielen kann es losgehen. Dabei sollte es schon im Sommer 2011 soweit sein.
Und Ahlmann? Der reitet in London wieder für Deutschland. "Ich habe meine Strafe gehabt", sagte der Reiter aus Marl, der die bewusste Manipulation von Cöster immer abgestritten hat. "Ich habe viel gelernt, auch über Menschen", lautet sein Fazit. Und natürlich hat er im Hinblick auf London auch viel gelernt über den Maßnahmen-Katalog des Verbandes. (www.sport.de)