Verbotene Medikation nicht mit Doping gleichsetzen
Erschienen am 29.08.2012
Medikationskontrollen im Kontext mit Dopingproben
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Die Tierärztin hat Medi-Kit und weitere Unterlagen zur Entnahme einer Medikationsprobe vorbereitet.
In einer sensibilisierten Welt, in der Tierschutz, Gottlob, eine immer größere Rolle spielt, steht der Umgang mit unserem Mitgeschöpf Pferd zunehmend im Fokus der Öffentlichkeit. Menschen die tagtäglich mit Pferden umgehen, freut das, weil ihnen der Schutz des Partners Pferd ein sehr hoher Wert ist.
Auf der anderen Seite gibt es eine Tendenz, dass sich zunehmend mehr Menschen in den Prozess um das Wohl des Pferdes einschalten, die selbst nie etwas mit ihnen zu tun hatten, aber meinen darüber urteilen zu können. Das mag in vielen Fällen auch sachlich begründet sein, aber im gleichen Maße nimmt unter diesen Menschen, die es sicher gut meinen, die Tendenz zu, dass Pferde vermenschlicht werden. Diese Entwicklung ist nicht gut, dient nicht dem Wohl des Pferdes und sollte mit fachlichen Argumenten eingedämmt werden. Im Übrigen gilt dieser Misstand in Wohlstandszivilgesellschaften nicht nur für Pferde sonders auch für andere Nutztiere.
Dass es diese Entwicklung gibt, daran sind diejenigen, die mit Pferden umgehen, zum Teil selber schuld. Es ist nun mal unbestritten, dass es "Schwarze Schafe" gibt, die "vermeintliche Tierschützer" auf den Plan rufen. Diesen muss mit aller Konsequenz und mit allen dafür zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln die das Reglement des Pferdesports (LPO) und die Zivilgesetzgebung bietet, öffentlichkeitswirksam begegnet werden.
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Nicht immer gelingt es wie in diesem Fall, in der vorgesehenen Wartezeit Urin für die Medikationsprobe aufzufangen. Foto: Wego
Der aufgeklärte Pferdehalter, Pferdezüchter, Hobby- und Berufsreiter sollte sich aber auch nicht scheuen, öffentlich gegen Diffamierungen anzugehen, wie sie die wenige Tage vor den Olympischen Spielen in London ausgestrahlte Sendung des öffentlich rechtlichen Fernsehsenders ZDF unter dem Titel "Mission Gold - Millionengeschäfte auf dem Rücken der Pferde" zu Tage brachte. Mit reißerischen Worten werden in dieser Sendung die Menschen in eine Ecke gerückt, denen es zu verdanken ist, dass das Pferd heute nicht nur noch in Zoo’s zu sehen ist.
So heißt es in den Aufmachern des ZDF: … "Royaler Glanz wird über den Reitwettbewerben der 30. Olympischen Sommerspiele in London liegen. Es sind Wettkämpfe auf königlichem Boden, vor der beeindruckenden Kulisse im Greenwich Park. Die deutschen Reiter hegen große Hoffnungen und wollen wieder an die goldenen Erfolge der Vergangenheit anknüpfen. Doch wird der Glanz getrübt von zahlreichen Skandalen. Doping, Medikamentenmissbrauch und Tierquälerei überschatteten die Auftritte deutscher Reiter bei den Spielen in Athen und Hongkong. Und Deutschlands erfolgreichster und bekanntester Springreiter Ludger Beerbaum schockierte mit seinem Eingeständnis: ‚Im Lauf der Jahre habe ich mich darin eingerichtet, auszuschöpfen, was geht‘. Ein entlarvendes Bekenntnis über die Realität abseits der Wettbewerbe, in der Reiter, Trainer und Pferdebesitzer nahezu unkontrolliert tun und lassen konnten, was sie wollten. Der Reitsport am Abgrund." Zitat Ende.
Eigentlich kann man für die ZDF-Autoren Felix Hero und Ralf Paniczek nur Bedauern hegen, weil sie als völlig sachliche und fachliche Leien von ihrer Redaktion losgeschickt wurden, in quotenreißerischer Absicht eine Sendung zu produzieren, die absolut beleidigend ist und juristische Folgen haben sollte. "Ich schäme mich für meine Berufskollegen", habe ich dem ZDF in einem Protestschreiben mitgeteilt. Wo sind die Zeiten, als das ZDF mit Arnim Basche noch einen echten Fachmann und Horseman in ihren Reihen hatte!!
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Der Urin wird in die Flaschen für die A und B Probe abgefüllt. Foto: Wego
Man könnte derartige Sendungen mit Verachtung strafen und zur Tagesordnung übergehen. Aber die Folgen sind immens, weil das Negative das über die Menschen gesagt wird, die mit Pferden umgehen, bei vielen Menschen im Gedächtnis haften bleiben und der Gedanke mitschwingt - da muss doch etwas dran sein.
Die wirklichen Pferdeschützer, die das Pferd als Mitgeschöpf sehen und sich tagtäglich um deren Wohl, auch im Training und Wettkampf, kümmern, müssen dieser Tendenz begegnen, bevor verbohrte, unwissende und vermeintliche Tierschützer eines Tages erreichen, dass das Pferd gar nicht mehr zu sportlichen Zwecken genutzt werden darf.
Schon der Sprachgebrauch zu bestimmten Sachverhalten in der Öffentlichkeit kann dazu beitragen, positive oder negative Akzente zu setzen. Da sind zum Beispiel die Begriffe "Medikationskontrolle" und "Dopingprobe". Weil wir als Menschen die Verantwortung für das Pferd haben, dass im Gegensatz zum Homo sapiens nicht für sich sprechen kann, haben wir uns selbst strenge Regeln auferlegt. Weil nur absolut gesunde Pferde im Wettkampf eingesetzt werden sollen, sind Vorschriften erlassen worden, die darauf abzielen, dass im Wettkampf eingesetzte Pferde völlig frei von Spuren fast jeglicher Substanzen sind, die in Medikamenten vorkommen.
Um es ganz platt zu formulieren - der Mensch kann sich im Sport gesund spritzen, wenn das Medikament nicht dazu geeignet ist, die Leistung zu erhöhen. Bei Pferden ist das nicht möglich!! Diesen riesigen Unterschied müssen wir in der Öffentlichkeit unbedingt darstellen. Deshalb spricht die LPO nur von "Medikationskontrollen" und nicht von "Dopingproben". Natürlich kann auch in einer Medikationsprobe festgestellt werden, ob Dopingsubtanzen, also Leistungsförderer, im Blut des Pferdes vorhanden sind. Das aber kommt zum Glück nur ganz selten vor und zeugt vom Verantwortungsgefühl der Pferdehalter und Pferdesportler gegenüber ihren Pferden.
Im allgemeinen Sprachgebrauch, leider oftmals unbedacht auch unter Fachleuten, wird aber nach wie vor meist von "Dopingproben" und "Dopingboxen" gesprochen. Da muss es uns doch nicht wundern, dass die Menschen draußen von Doping sprechen, auch wenn nur eine Salbe auf einer kleinen Wunde angewandt wurde, deren Substanzen noch als Spuren im Blut zu finden sind und dann eine verbotene Medikation darstellen.
Im Übrigen sollte jeder wissen, dass Fälle verbotener Medikation viel häufiger im unteren Leistungsbereich vorkommen als im besser aufgeklärten medizinischen Management des Spitzensports. Meistens sind solche Fälle auf Unwissenheit zurück zu führen und darauf, weil es von Pferd zu Pferd unterschiedlich ist, wann keine Spuren einer Substanz nach einer aus veterinärmedizinischer Sicht gebotenen Medikamentenbehandlung mehr vorhanden sind. Das schützt jedoch nicht davor, dass von der Sportgerichtsbarkeit die Maßregelungen angewandt werden, die nach LPO bei Vorhandensein einer verbotenen Substanz vorgesehen sind. Auch Medien nehmen darauf keine Rücksicht und stellen Reiter und Pferdehalter nur allzu gern in die Ecke von "Doping, Medikamentenmissbrauch und Tierquälerei", wie im erwähnten ZDF-Beitrag geschehen.
Es liegt also auch an uns, schon im allgemeinen Sprachgebrauch mit den richtigen fachlichen Begriffen zu argumentieren und denen, die dem Pferdesport eher nicht sehr wohl gesonnen sind, keine Argumente zu liefern. (Franz Wego)