Europameisterschaft Springen, Dressur und Para-Equestrian in Herning
Erschienen am 07.08.2013
Warendorf - In knapp zwei Wochen messen sich die besten Reiterinnen und Reiter in den Disziplinen Springen, Dressur und Para-Equestrian in Dänemark. In Herning werden vom 20. bis 26. August die Europameister ermittelt. Wer die deutschen Farben vertritt - ein Überblick.
Bundestrainer Otto Becker hatte bereits einen Ausfall in seinem Springreiter-Team zu verdauen: Philipp Weishaupt kann Monte Bellini nicht einsetzen, weil sich der Hengst eine akute Sehnenscheidenentzündung zugezogen hat. Der 28-jährige Bereiter im Stall von Ludger Beerbaum ist ein echter Pechvogel: Zweimal schon, bei den Weltreiterspielen in Kentucky 2010 und bei der Europameisterschaft 2011, war er als Reservist nominiert - und kam nicht zum Einsatz. Im vergangenen Jahr hatte er den Sprung ins Team geschafft und musste dennoch passen: Monte Bellini war nicht fit. Auch in diesem Jahr macht das Verletzungspech des Pferdes einen Strich durch die Rechnung. Otto Becker: "Das ist wirklich sehr bitter für Philipp und tut mir leid."
So rückt der als Reservist nominierte Ludger Beerbaum ins Team nach. Der Riesenbecker wird Chiara satteln, die zehnjährige Holsteiner Schimmelstute v. Contender, mit der er vor kurzem den sechsten Platz im Großen Preis von Aachen belegte und zum Sieg der deutschen Mannschaft beim Nationenpreis in Rotterdam beitrug. Beerbaum, der einen Tag nach der EM (26.8.) 50 Jahre alt wird, geht übrigens zum zehnten Mal bei einer Europameisterschaft an den Start. Zweimal schon konnte er sich Einzel-Gold sichern: 1997 mit Ratina Z und 2001 mit Gladdys.
Seine Premiere im deutschen Championatsteam feiert der amtierende Deutsche Meister Daniel Deußer. Am 13. August wird der gebürtige Hesse, der in Belgien in der Nähe von Mechelen lebt und arbeitet, 32 Jahre alt. Sein EM-Pferd lässt Kenner schwärmen: Cornet D’Amour, ein zehnjähriger westfälischer Sohn des Cornet Obolensky, spielt geradezu mit den kapitalen Hindernissen und zählt zu den talentiertesten Pferden der Welt. Was er kann, bewies er unter anderem mit souveränen Runden bei der Deutschen Meisterschaft in Balve, mit dem vierten Platz im Großen Preis von Aachen und dem zweiten im Großen Preis von Hamburg.
Ein "alter Hase" im Team ist Christian Ahlmann, der vor zehn Jahren Europameister in der Einzelwertung war. Der 38-Jährige aus Marl reist mit zwei Pferden nach Herning: dem 13-jährigen niederländischen Hengst Taloubet Z und dem elfjährigen hannoverschen Contendro-Sohn Codex One. Beide haben in diesem Jahr bereits Jahr Top-Ergebnisse erzielt. Codex One gewann den Großen Preis von Hamburg, wurde Zweiter im GP von Chantilly und Dritter im Weltcupspringen in Zürich. Taloubet Z siegte beim Weltcup von Leipzig, belegte Platz drei im Großen Preis von London und gehörte zur siegreichen Mannschaft beim Nationenpreis von Rotterdam. Welches Pferd Ahlmann in Herning einsetzen wird, wollen er und Otto Becker erst kurz vor dem Championat entscheiden.
Als "sichere Bank" gelten die deutschen Vize-Meister 2013, Carsten-Otto Nagel und Corradina. Auf den Championaten seit 2009 gab es kein erfolgreicheres Paar: Einzel-Silber und Einzel-Bronze bei den Europameisterschaften 2011 und 2009, Mannschafts-Gold und mit Platz fünf beste Deutsche bei den Weltmeisterschaften 2010. Eine langwierige Zahnerkrankung der Holsteiner Stute hatte im vergangenen Jahr ihren Start bei den Olympischen Spielen in London verhindert. Nun hat die inzwischen 15-jährige Corrado I-Tochter wieder zu Topform gefunden und kommt zum vierten Mal bei einer internationalen Meisterschaft zum Einsatz.
Damenquartett auf dem Viereck
"Alle sind frisch und munter, wir freuen uns sehr auf Herning", sagte Bundestrainerin Monica Theodoescu. Ihr Damenquintett mit Helen Langehanenberg, Isabell Werth, Kristina Sprehe, Anabel Balkenhol und Reservistin Fabienne Lütkemeier - bezieht am Donnerstag, 15. August, das Trainingslager auf der Anlage Theodorescu in Sassenberg. Vier Tage später rollen die LKW in Richtung Dänemark.
Als Medaillenfavoritin geht Helen Langehanenberg mit dem 13-jährigen westfälischen Hengst Damon Hill NRW an den Start. Im vergangenen Jahr hatte die 31-Jährige aus dem westfälischen Havixbeck zwar mit der Mannschaft die olympische Silbermedaille gewonnen, einen Einzeltitel jedoch haarscharf verpasst. Die Weltcup-Siegerin 2013 macht es der Konkurrenz derzeit wahrlich schwer: Siege in Grand Prix, Special und Kür sowohl bei der Deutschen Meisterschaft in Balve als auch beim CHIO Aachen. Nun wird mit Spannung das erste Kräftemessen der Sommersaison mit den starken britischen und niederländischen Paaren erwartet.
Isabell Werth (Rheinberg) stellt ihren zwölfjährigen Hannoveraner Wallach Don Johnson FRH erstmals auf der Championatsbühne vor. Für die 44-Jährige selbst sind Europameisterschaften längst Tradition: 1989 nahm sie erstmals teil. Mit 20 Jahren war sie noch junge Reiterin, behauptete sich aber auf Anhieb unter den besten Senioren, damals im Sattel von Weingart. Seitdem sind fast 25 Jahre und zehn EM-Einsätze vergangen. Für die fünffache Olympiasiegerin Isabell Werth steht nun die elfte Europameisterschaft an - absoluter Rekord auf dem Viereck.
Kristina Sprehe (Dinklage), Olympia-Zweite mit der Mannschaft 2012, erlebt ihr Europameisterschafts-Debüt. Die 26-jährige Studentin startete mit ihrem zwölfjährigen Hannoveraner Desperados FRH erst spät in die Grüne Saison. Der Hengst hatte sich beim Training kurz vor Beginn des Weltcup-Finales verletzt und musste bis zum CHIO Aachen pausieren. Dort gewann er den Grand Prix und den Special.
Die Vierte im Bunde ist Anabel Balkenhol mit ihrem Hannoveraner Dablino, die sowohl bei der DM in Balve als auch beim CHIO Aachen mit guten Prüfungen überzeugen konnte. In London 2012 musste die 41-Jährige mit der unbefriedigenden Rolle der Einzelstarterin vorlieb nehmen, da das olympische Reglement 2012 nur drei Mitglieder pro Team vorsah. Dies bleibt Anabel Balkenhol in Herning erspart, denn auf EM-Ebene sind es wieder die bewährten Viererteams mit einem Streichergebnis. Auch sonstige Londoner "Spezialitäten" finden bei der EM keine Anwendung: Die Entscheidung über die Mannschaftsmedaille fällt nach dem Grand Prix (und nicht wie letztes Jahr bei Olympia nach Grand Prix und Special). Die besten Reiter qualifizieren sich im Special für einen Startplatz in der Kür, in der die Einzelmedaillen vergeben werden.
Als Reservistin begleitet Fabienne Lütkemeier mit D’Agostino das Dressurteam ins Trainingslager. Die 22 Jahre junge Studentin hatte bereits vor den Olympischen Spielen 2012 die Reservistenrolle inne. Hb (fn-press)