1. Liebenberger Pferdeforum: Ein Blick in die Zukunft
Erschienen am 15.04.2014
Der Einladung zum 1. Pferdeforum durch die Deutsche Kreditbank AG (DKB), dem Oldenburger Pferdezuchtverband und der Deutschen Reiterliche Vereinigung folgten rund 250 Pferdefreunde. Heiß diskutiert wurden auf Schloss & Gut Liebenberg im nördlichen Brandenburg der Status Quo der deutschen Pferdebranche, die Zukunftsperspektiven sowie die Strategien der ausländischen Mitbewerber.
Die hochkarätigen Referenten waren sich einig: Um in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen noch mehr Menschen aktiv für das Thema Pferd begeistert werden. Sportwissenschaftler Professor Dr. Wadsack bestätigte: "Im deutschen Reitvereinswesen steckt eine Menge ungenutztes Potential. Der Konsum rund um das Thema Pferd liegt bei 4,4 Milliarden Euro. Die Reiter müssen in den Fokus gerückt werden, um sie dreht sich alles in dieser Branche. Vereine, Reitschulen und Verbände müssen sich als Dienstleister verstehen." Darüber hinaus appellierte Professor Dr. Wadsack für eine positive Imagebildung für den Reitsport in der Gesellschaft.
Stefan Unterlandstättner, Vorstandsvorsitzender der DKB, begrüßte rund 250 Pferdefreunde zum 1. Liebenberger Pferdeforum - einem hochkarätigen Fachforum über die Zukunft von Zucht und Sport. Foto: Schreiner
Thomas Casper, Vorsitzender des deutschen Hengsthaltervereins und Eigentümer des Gestüts Birkhof, ist positiv für die Zukunft gestimmt. Bei einem Rückgang der Bedeckungen um 40 Prozent bei einer stabil verlaufenden Zahl der Neueintragungen von Sportpferden bei der FN, sieht Casper einen Mangel an guten deutschen Pferden voraus. "Züchter auf zum Hengst", lautet Caspers Empfehlung für die Zukunft. Einen weitgehend ungenutzten Markt sieht Thomas Casper im Segment des gehobenen Freizeitsports. Hier empfiehlt der Hengsthalter, den Reitsport sowie Turnierveranstaltungen künftig deutlich attraktiver für Amateure zu gestalten.
Edith de Reys vom Gestüt van der Helle aus Belgien lobt die deutschen Auktionen derzeit als bestes Vermarktungsinstrument in Europa. Züchterisch, ist sie sich sicher, resultiert der derzeitige belgische Erfolg aus der liberalen Zuchtpolitik. "Ich halte nichts von einer Reglementierung der Züchter durch einen Verband. Bei uns in Belgien entscheiden die Züchter selbst. Bei falschen Entscheidungen merkt es der Züchter schnell im Portemonnaie. Das ist der beste Lerneffekt. Wenn sich herausstellt, dass eine Stute oder ein Hengst nicht gut genug ist, muss man aufhören damit zu züchten."
Um in der Pferdezucht konkurrenzfähig zu bleiben, empfahlen Peter Holler, 5*-Dressurrichter, und Jochen Tietz, Holsteiner Erfolgszüchter, die Orientierung am Spitzensport. Paul Schockemöhle, erfolgreicher Springreiter, Unternehmer, Züchter und Geschäftsführer der DKB-Riderstour, fügte hinzu: "Die Leistungsbereitschaft ist das A und O." Kontrovers diskutiert wurde auch das Zukunftsthema des Klonens. Hierzu ließ Paul Schockemöhle, der mit seinem Gestüt Lewitz ein deutscher Vorreiter innovativer Zuchtmethoden ist, wissen: "Das Klonen ist ein heikles Thema, was uns in Zukunft beschäftigen wird. Es ist eine Frage der Ethik. Wir in Lewitz praktizieren das Klonen nicht und haben es auch nicht vor."
Das wunderschöne Schloss & Gut Liebenberg vor den Toren Berlins offerierte das stilvolle Ambiente für das 1. Liebenberger Pferdeforum mit dem Motto "Zucht und Sport - Was erwartet uns in Zukunft." Foto: Schreiner
Thomas Casper fasste abschließend treffend zusammen: "Unsere Voraussetzungen in der deutschen Zucht und im Sport bieten enormes Potential. Wir müssen schneller handeln und mehr Einigkeit demonstrieren um in Zukunft weiterhin erfolgreich zu sein."
Im Abendprogramm ließ das filmische Programm der 21. Auflage Ritte des Jahrhunderts die Sternstunden des deutschen Reitsports noch einmal aufleben. Die Olympia-Medaillengewinnerinnen Helen Langehanenberg und Dorothee Schneider gaben sehr sympathische Einblicke in ihr Erfolgsrezept im Reitsport. Paul Schockemöhle, dreimaliger Europameister im Sattel des legendären Deister, verdeutlichte die Veränderungen in Zucht und Sport der letzten Jahrzehnte. Die gesamte Dressurmannschaft der DDR sowie Springreiter Holger Wulschner berichteten live von ihren sportlichen Höhepunkten.
Horst Köhler, der in Sietow bei Röbel aufwuchs und mit Wolfgang Müller sowie dem aus Neuhaus/Elbe stammenden Gerd Brockmüller WM-Bronze 1970 in Aachen und EM-Silber in Wolfsburg 1969 in der Dressur gewann, wurden gefragt, ob er sich heute noch zutrauen würde, den Hengst Damon Hill von Helen Langenhanenberg zu reiten. Der gebürtige Mecklenburger war nicht abgeneigt, das Angebot der Team-Silber-Gewinnerin von den Olympischen Spielen von London 2012 anzunehmen, die in Begleitung von Dorothee Schneider an der Podiumsdiskussion mit Moderator Christoph Hess teilnahm.
"Das wunderschöne Anwesen des Schloss & Gut Liebenberg wurde anlässlich des 1. Liebenberger Pferdeforums zu einer Metropole der Pferdewelt. Viele Pferdefreunde von nah und fern nutzen das exquisite Ambiente, geschaffen durch das Organisationsteam der DKB, für einen spannenden Gedankenaustausch und den sprichwörtlichen Blick über den Tellerrand", resümierte Moderator und Mitorganisator Heiner Kanowski vom Oldenburger Pferdezuchtverband.