FN-Tagungen in Fulda
Erschienen am 13.05.2015
Vertreter aus Pferdesport und Pferdezucht trafen sich in Hessen
Fulda (fn-press). Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Bei den Jahrestagungen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) im hessischen Fulda standen der Rückblick und die Weichenstellung für die Zukunft von Pferdesport und -zucht im Mittelpunkt. Eines der zentralen Themen war auch in diesem Jahr die Pferdesteuer, die gerade in Hessen eine besondere Rolle spielt.
"Sie alle wissen um den Abwehrkampf, den unsere Verbände mit den betroffenen Pferdeleuten vor Ort seit 2012 oder 2013 führen", sagte FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach in seiner Rede vor dem FN-Verbandsrat. Seine gute Nachricht: In über 200 Kommunen ist es gelungen, die Pferdesteuer abzuwenden. "Die Gemeinderäte haben gelernt, dass Reiter eben nicht alle reich sind. Und wie hoch der Aufwand im Vergleich zum Ertrag ist: nämlich zu hoch", sagte Lauterbach. Seine schlechte Nachricht lautete: Das vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof im Normenkontrollverfahren gefällte Urteil lässt die Pferdesteuer als kommunale Aufwandssteuer zu. "Die Begründung des Gerichtes muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen - natürlich im negativen Sinne: ‚Das Halten und Benutzen von Pferden überschreitet das für den Lebensunterhalt Erforderliche. Pferdehalter und Benutzer dokumentieren also eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die mit einer Steuer abgeschöpft werden darf‘", zitierte Lauterbach. "Im Grunde liest sich dieser Satz, als gäbe die unabhängige Gerichtsbarkeit der Verwaltung sogar den expliziten Rat, doch diese Steuer einzuführen." Dass dies von den Vertretern aus Pferdesport und -zucht komplett anders gesehen wird, hatte bereits am Vorabend der hessische Staatssekretär Werner Koch zu spüren bekommen. Sein Versuch, in seiner Ansprache um Verständnis für die finanzielle Lage der Kommunen zu bitten und für die Steuer zu werben, war im Kreis der Pferdeleute auf wenig Gegenliebe gestoßen. Soenke Lauterbach kündigte an, dass man den Kampf fortführen werde. Der Verbandsrat stimmte dem Vorschlag zu, aus dem erwirtschafteten Überschuss des Jahres 2014 die bereits zurückgelegten 100.000 Euro für den Abwehrkampf auf 200.000 Euro zu verdoppeln.
Lauterbach nutzte aber auch die Gelegenheit, dem Vorwurf entgegenzutreten, die FN sei national wie international nicht genug präsent und werde nicht an der Meinungsbildung beteiligt. "Wir sind in fast allen wichtigen Gremien des Weltreiterverbandes (FEI) und des europäischen Pferdeportverbandes (EEF) vertreten, vom Präsidium über die Disziplinkomitees bis in Arbeitsgruppen. Und gerade Warendorf ist immer wieder Ort für politische Debatten. In den letzten drei Jahren trafen sich bei uns die obersten Dressurrichter, die Voltigierrichter, der internationale Trainerclub. Das Testreiten zu einem neuen Richtverfahren für die Kür fand ebenso bei uns statt wie der Test verkürzter Grand Prix Aufgaben. Dies gibt uns immer eine Möglichkeit mitzudenken und zu debattieren, die wir sonst nicht hätten. National gehen wir den gleichen Weg. 2014 trafen sich alle Spitzenverbände des DOSB bei uns zur Sommersitzung. So bringen wir uns nachhaltig positiv in Erinnerung. Nicht zu vergessen der Parlamentarische Abend, den wir seit 2012 jährlich durchführen und der in der Bundeshauptstadt gut ankommt", klärte Soenke Lauterbach auf.
FN geteilter Meinung zu Olympia-Reformvorschlägen
Gerade erst nahm er am Sportforum der FEI teil, um dort die Haltung der FN zur Zukunft der Olympischen Spiele zu vertreten. Während mit Blick auf Rio 2016 alles seinen Gang geht, wie der Geschäftsführer des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) Dr. Dennis Peiler an anderer Stelle zu berichten wusste, stehen auf der Agenda für 2020 Vorschläge, die von der FN nicht unterstützt werden. "Auf Grund der Vorgaben des IOC wurde vorgeschlagen, in allen drei olympischen Disziplinen von vier auf drei Mannschaftreiter herunter zu gehen. So soll mehr Nationen eine Teilnahme ermöglicht werden. Mehr Flaggen und mehr Drama heißt das Stichwort. Wir halten das nicht für richtig. In der Vielseitigkeit soll gar ein Format wie in Atlanta oder Sydney wieder eingeführt werden. Eine komplette Trennung von Einzel und Mannschaft. Wir finden, dass wir damals genug gelernt haben. Nämlich, dass dieses Format dramatisch schlecht war. Während wir anderen Ideen zur Modernisierung beim olympischen Format durchaus folgen, setzen wir uns deutlich gegen die eben genannten Vorschläge ein", sagte Lauterbach.
Sorge über den Wolf
Zum Schluss sprach der FN-Generalsekretär noch das Thema Wölfe an, das viele Pferdezüchter derzeit umtreibt. "Es ist schön, dass eine einstmals in weiten Teilen Europas ausgerottete Tierart sich wieder erholt und Lebensraum zurück gewinnt. Aber in der modernen Welt ist das Zusammenleben von Mensch und Tier von anderen Faktoren bestimmt als noch vor 150 Jahren. Wenn nun Wölfe in Deutschland wieder heimisch werden, dann darf dies nicht bedingungslos auf das Verhalten der Wölfe zugeschnitten sein. Die Rahmenbedingungen vor allem der ländlichen Tierhalter müssen berücksichtigt werden, seien es Schafzüchter oder Pferdehalter", forderte er.
LPO-Anpassungen beschlossen
Ein weiteres Thema, das auch bei den FN-Tagungen seinen Niederschlag fand, war die Sicherheit im Pferdesport. Als Ergebnis der Task Force Vielseitigkeit beschloss der FN-Beirat Sport künftig auf Kosten der FN eine Obduktion aller auf einer Veranstaltung verunglückten Pferde vorzunehmen, das Einverständnis des Pferdebesitzers vorausgesetzt (§ 67.4 LPO). Neu aufgenommen in die Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) wurde die Empfehlung, eine offizielle Geländebesichtigung mit einer fachkundigen Person (zum Beispiel einem erfahrenen Ausbilder, Parcourschef, Technischen Delegierten (TD) oder einem Mitglied der Richtergruppe) anzubieten. In Klasse E und A ist diese Besichtigung obligatorisch (§ 630.1 LPO). Ebenfalls neu aufgenommen wurde der Einsatz deformierbarer Hindernisse, wobei möglichst durch FEI und/oder FN zugelassene Systeme verwendet werden sollten. (Noch) nicht zugelassene Systeme sind durch den TD und die Richtergruppe zu begutachten und für die jeweilige Prüfung zu genehmigen. Schließlich kann bei gefährlichem Reiten ab 1. Juni - je nach Vorkommnis - anstelle von Ausschluss auch auf 25 Strafpunkte, in minder schweren Fällen auch auf 10 Strafpunkte entschieden werden (§ 646.1.g).
Kleinere LPO-Anpassungen betreffen auch den Fahrsport. Dort ist - ebenfalls ab 1. Juni - in allen Prüfungen ein Beifahrer vorgeschrieben, in begründeten Ausnahmefälle genügt auch eine Hilfsperson am Boden. Ferner können in KIasse E und A im Hindernisfahren je ein Einzelhindernis, in den Klassen M und S bis zu zwei Einzelhindernisse im Parcours als Alternativ-Hindernisse (doppelte Nummerierung) aufgebaut werden. Im Marathon können in Klasse E und A eine, in Klasse M und S bis zwei Pflichtdurchfahrten als Alternative ausgeflaggt werden. Hb