Pferdehaltung und landwirtschaftliche Unfallversicherung
Erschienen am 21.06.2011
Ist die Pferdehaltung vom gesetzlichen Unfallschutz umfasst - welche Berufsgenossenschaft ist zuständig?
Heute werden in den ländlichen Gegenden mehr Pferde gehalten, als je zuvor. Dabei handelt es sich in aller Regel nicht um Arbeitspferde sondern vielmehr um Pferde, die zu Zuchtzwecken oder für private Reitzwecke genutzt werden.
Um den Pferden im Rahmen einer artgerechten Haltung genügend Auslauf zu gewähren und über die Beweidung oder den Getreideanbau eine eigene Futtergrundlage für die Pferde zu sichern, werden von vielen Pferdehaltern landwirtschaftliche Nutzflächen angepachtet oder gekauft. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Pferdehaltung vom gesetzlichen Unfallschutz umfasst wird und welche Berufsgenossenschaft dann zuständig ist.
1. Pferdezucht
Unternehmen der Pferdezucht können sowohl mit als auch ohne Bodenbewirtschaftung betrieben werden. Beide Unternehmensformen sind der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zugewiesen. Daraus folgt, dass alle mit der Bodenbewirtschaftung und der Tierhaltung/-zucht zusammenhängenden Arbeiten versichert sind.
Grundlage der Beitragsberechnung sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen ihrer Größe und Nutzungsart (Produktionsverfahren) nach, sowie die Anzahl der Zuchttiere unabhängig von ihrer konkreten Rasse.
Wird die Pferdezucht mit Bodenbewirtschaftung betrieben, besteht die Berechtigung der Inanspruchnahme von Bundesmitteln, soweit der Beitrag (ohne Lastenausgleich) den Betrag von 305,00 EUR übersteigt (vgl. Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz -BMELV-).
2. Gnadenbrotpferde
Gnadenbrotpferde sind Weidetiere. Für den gesetzlichen Unfallschutz sind auf Grund der Bodenbewirtschaftung (die Beweidung ist durch das Abfressen von Gras der Bodenbewirtschaftung zuzurechnen) die Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften zuständig. Alle mit der Bodenbewirtschaftung und der Pferdehaltung zusammenhängenden Arbeiten sind versichert.
Grundlage der Beitragsberechnung sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen ihrer Größe und Nutzungsart (Produktionsverfahren) nach, sowie die Anzahl der Weidetiere unabhängig von ihrer konkreten Rasse.
Auch hier besteht die Berechtigung der Inanspruchnahme von Bundesmitteln, soweit der Beitrag (ohne Lastenausgleich) den Betrag von 305,00 EUR übersteigt (vgl. Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz -BMELV-).
3. Pferde als Arbeitstiere
Diese Art der Pferdehaltung ist nur noch sehr selten anzutreffen. Dort, wo sie heute noch vorkommt, werden die Pferde in der Regel als Rückepferde in der Forstwirtschaft oder als Zugtiere im außerlandwirtschaftlichen Bereich (z.B. Kremserfahrten) eingesetzt. Soweit die Zugtiere für die Land- und Forstwirtschaft gehalten werden, ist für den gesetzlichen Unfallschutz die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig.
In solchen Fällen besteht Versicherungsschutz sowohl bei der Flächennutzung als auch Fütterung und Pflege der Pferde, aber auch bei der Ausführung der eigentlichen Arbeiten. Grundlage der Beitragsberechnung sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen ihrer Größe und Nutzungsart (Produktionsverfahren) nach, sowie die Anzahl der Zugtiere unabhängig von ihrer Rasse und ohne Differenzierung nach den konkreten Verwendungszwecken.
Die Berechtigung der Inanspruchnahme von Bundesmitteln ist gegeben, soweit der Beitrag (ohne Lastenausgleich) den Betrag von 305,00 EUR übersteigt (vgl. Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz -BMELV-).
Werden die Zugpferde jedoch von land- und forstwirtschaftlichen Lohnunternehmern gehalten, werden sowohl für die Flächennutzung (wenn diese ausschließlich der Pferdehaltung dient) als auch für die Rücke- bzw. Zugpferde keine zusätzlichen Beiträge erhoben. Dies liegt darin begründet, dass die Pferdehaltung dem Maschineneinsatz, für dessen Wartung und Einsatz ebenso keine Beiträge nach Anzahl der Maschinen festgesetzt werden, gleichgestellt wird.
Pferde, die als Zugtiere für Kutsch- und Kremserfahrten gehalten werden, gelten im versicherungsrechtlichen Sinn nur dann als Arbeitstiere, wenn ein gewerblich betriebenes Zugunternehmen/Fuhrunternehmen betrieben wird. Allerdings muss hier die berufsgenossenschaftliche Zuständigkeit in jedem speziellen Einzelfall geprüft werden.
Liegt ein landwirtschaftliches Hauptunternehmen vor, dann ist der Umgang mit den Pferden, die für Kutsch- und Kremserfahrten angespannt werden, im Rahmen eines Nebenunternehmens bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft mitversichert.
Grundlage der Beitragsberechnung sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen ihrer Größe und Nutzungsart (Produktionsverfahren) nach, sowie die Anzahl der im Nebenunternehmen gehaltenen Pferde unabhängig von ihrer Rasse und ohne Differenzierung nach den konkreten Verwendungszwecken.
Besteht ausschließlich und selbstständig ein Fuhrunternehmen mit und ohne geringfügige Flächennutzung, dann ist die sachliche Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaftgegeben. Hier muss beachtet werden, dass der Unternehmer selbst und sein Ehegatte oder Lebenspartner nicht gesetzlich gegen den Eintritt eines Arbeitsunfalls versichert sind.
4. Pferdehaltung mit gewerbsmäßiger Ausrichtung
Pferdehaltungen mit gewerbsmäßiger Ausrichtung(Pferdepensionen, Reitverleih u. ä.), die in einem innerbetrieblichen Zusammenhang zur Bodenbewirtschaftung betrieben werden, sind der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zugehörig, wenn die Bodennutzungdem Unternehmen das Gepräge gibt.Für diePferdehaltungen mit gewerbsmäßiger Ausrichtung, die versicherungsrechtlich als Nebenunternehmen anzusehen sind, ist die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft ebenso zuständig.
Grundlage der Beitragsberechnung sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen ihrer Größe und Nutzungsart (Produktionsverfahren) nach, sowie die Anzahl der im Nebenunternehmen gehaltenen Pferde unabhängig von ihrer Rasse und ohne Differenzierung nach den konkreten Verwendungszwecken.
Verfügt das Unternehmen nur über eine geringe Flächenausstattung und überwiegt die Stallhaltung, gehört das gesamte Unternehmen in die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft. Nichts anderes gilt bei ausschließlicher Stallhaltung.
5. Private Reittierhaltung mit Bodenbewirtschaftung
Solange und soweit es sich um eine geringfügige Bodennutzung handelt, die ausschließlich der Pferdehaltung dient (1 Hektar = 1 Pferd) und nicht mehr als 20 % des gesamten Futteraufkommens aus der Flächenbewirtschaftung gewonnen wird, überwiegt der eigenwirtschaftliche Zweck. Damit werden weder die Flächenutzung noch die Pferdehaltung in den gesetzlichen Unfallschutz einbezogen. Es handelt sich dann um eine versicherungsfreie private Reittierhaltung.
Werden jedoch für diese privaten Reittierhaltungen Personen wie Beschäftigte tätig, sind diese bei den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand (Unfallkassen) versichert. Der Pferdehalter selbst und der Ehegatte oder Lebenspartner genießen keinen gesetzlichen Unfallschutz.
Anders stellt sich der Sachverhalt dar, wenn Reitpferde in einem der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zugehörigen landwirtschaftlichen Unternehmen gehalten werden. Dann gibt die Bodenbewirtschaftung dem Unternehmen das Gepräge und die Arbeiten, die zur Gewinnung des Pferdefutters aufgewendet werden, sind in den gesetzlichen Unfallschutz einbezogen. Der Umgang mit den Pferden ist dann als Nebenunternehmen anzusehen, da zwar eigene wirtschaftliche Zwecke mit der privaten Reittierhaltung verfolgt werden, aber ein innerer Zusammenhang zum Hauptunternehmen Landwirtschaft besteht.
Das gilt auch für Flächennutzungen, wenn sie ausschließlich der privaten Reittierhaltung dienen, vom Umfang her aber so groß sind, dass in der Regel so viele Bewirtschaftungsvorgänge, z. B. bei der Futtergewinnung und Heuwerbung, anfallen, dass ein Arbeitsaufwand entsteht, vor dem der Aufwand für die Pferdehaltung in den Hintergrund tritt. Dies wird dann unterstützt, wenn mehr als 20 % des Futters in der eigenen Bodenbewirtschaftung erzeugt wird und/oder berechnet auf ein Pferd mehr als ein Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche zur Verfügung steht.
Im Bereich der (versicherten) privaten Reittierhaltung erstreckt sich der Versicherungsschutz auf die zur Versorgung der Tiere notwendigen Arbeiten, also Füttern, Putzen, Misten, Führung zum Weidegang, Futterkauf, Pflege des Sattel- und Zaumzeuges etc. Von den versicherten Tätigkeiten ist aber das Ausreiten selbst abzugrenzen, das eine sogenannte eigenwirtschaftliche und somit in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht versicherte Tätigkeit darstellt.
Grundlage der Beitragsberechnung sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen ihrer Größe und Nutzungsart (Produktionsverfahren) nach, sowie die Anzahl der im Nebenunternehmen gehaltenen Pferde unabhängig von ihrer Rasse.
6. Private Reittierhaltung ohne Bodenbewirtschaftung
Der Pferdehalter hat weder Stall, Koppel noch sonstiges Grünland zur Futtergewinnung. Seine Pferde stehen in einer Pferdepension. Unabhängig davon, ob er die Tiere selbst füttert und pflegt oder diese Tätigkeiten dem Pensionswirt überträgt, unterliegt er in keinem Fall dem Schutz der landwirtschaftlichen Unfallversicherung.
Versichert sind hier nur die Tätigkeiten des Pensionsbetriebes selbst.