Drei Pferde werben für die Mecklenburger Zucht
Erschienen am 20.02.2012
Geballte Mecklenburger Power im Holsteiner Hochzuchtgebiet
Es war schon beeindruckend, wie drei Mecklenburger Pferde bei den VR-Classics in Neumünster auftrumpften. Einmal mehr ist es Heiko Schmidt aus Neu Benthen zu verdanken, der immer wieder Pferde mit dem Mecklenburger Brandzeichen im hochklassigen Springsport vorstellt und zu großen Erfolgen führt. In Neumünster beeindruckte nicht nur der inzwischen 14-jährige Chacco-Blue aus der Hengstarmada von Paul Schockemöhle. Wenngleich der Chambertin / Contender /Godavari xx-Sohn einmal mehr seine große Klasse unter Beweis stellte, besonders wenn es ganz dick kommt. Und dick kam es im Stechparcours von Neumünster. Der Sieg führte nur über eine enge Wendung zur zweifachen Kombination, die hinten einen mächtigen Oxer hatte. Durch diese Wendung kaum Schwung, schafften das nur Ausnahmepferde mit ganz viel Springvermögen und wurde einigen zum Verhängnis.

Im Zuchtgebiet seiner väterlichen Ahnen trumpfte der Mecklenburger Chacco-Blue auf und gewann mit Andreas Kreuzer den Großen Preis von Neumpnster. Foto: Wego
Der Mecklenburger Chacco-Blue ist eben ein solches Ausnahmepferd. Der erst 21-jährige Andreas Kreuzer wusste das Potenzial des Hengstes, mit dem er bereits Dritter im Großen Preis von Aachen wurde, herauszulocken. Da sahen die Holsteiner, die am Vortag noch ganz toll auftrumpften, etwas blass aus. Sie trösteten sich damit, dass der Vater Chambertin und der Großvater mütterlicherseits von Chacco-Blue, Contender, ja Holsteiner sind. Dahinter stehen aber mit Godara II v. Godavari xx, Dispatcherfolge v. Dispatcher und Dolomitenfolge v. Dolomit Mecklenburger Stämme, die in Groß Stieten über viele Jahre auf Leistung gezüchtet wurden und die alle im Springsport bis Klasse S bzw. M hocherfolgreich waren. Insofern hat die Verbindung Holsteiner Hengste auf Mecklenburger Stutenstämme hervorragend gepasst.
Auch bei den vielen Mecklenburger Nachkommen des Cellestial, dem Stempelhengst der Station von Heinz & Heiko Schmidt, trösten sich die Holsteiner damit, dass der Spitzenvererber ja eine Cantus-Mutter hat. Cellestial-Züchter Hauke Seemann aus dem holsteinischen Nienborstel hätte sich sicher nicht träumen lassen, das aus der Anpaarung seiner Westfalenstute Wilett (v. Windesi xx) mit Cantus so ein Spitzenprodukt hervorgehen würde wie Cellestial. Heinz und Heiko Schmidt haben die Qualität dieses Hengstes schon erkannt als er erst zweijährig war und viel Geld auf den Tisch gelegt, um den Schimmel zu kaufen. Die Zulassung für die Mecklenburger Zucht wurde ihm jedoch lange verwehrt. Ansonsten hätte es schon viel mehr Nachkommen mit Mecklenburger Brand von ihm gegeben. Auch sein Sohn und potenzieller Nachfolger auf der Station Schmidt, Chap, den Heinz Schmidt aus einer Contender-Stute gezogen hat, "hätte andernfalls den Mecklenburger Brand erhalten", sagt der Züchter.

Die Cellestial-Stute Cassiopei ist wieder fit und gab in Neumünster mit Heiko Schmidt einmal mehr eine Probe ihres Talents. Foto: Wego
Übrigens schließt sich der Kreis der Mutterlinie von Cellestial auch mit Genen, die als Stammväter der Mecklenburger Zucht gelten. Sie führt bis zum 1848 in Boock bei Demmin geborenen Zernebog, dessen Geburtsstall noch heute in Boock zu finden ist und der die berühmte hannoversche Flingarth-Linie begründete. Auch die hannoversche Detektiv- und Kingdom xx-Linie, die in Mecklenburg so segensreich wirkte, findet sich in der Mutter von Cellestial, der inzwischen 145 Nachkommen im Sport hat (20 davon mit Erfolgen in Klasse S), die mehr als 250.000 Euro gewonnen haben. 16 Söhne von Cellestial wurden bisher gekört.
Damit ist der inzwischen 18-jährige Schimmelhengst, der in seiner aktiven Zeit mit einer Ausnahmespringtechnik aufwartete, die er fast ausnahmslos seinen Nachkommen weitergibt, erfolgreichster Zuchthengst aller Zeiten, der in Mecklenburg-Vorpommern stationiert ist.
In Neumünster trumpfte der oldenburgisch gebrannte Hengst mit seinen Mecklenburger Kindern Cassiopei und Carimo auf, die in allen Springen in denen sie eingesetzt wurden keinen einzigen Stangenfehler gemacht haben. Der achtjährige Carimo startete im Youngsters-Cup. Mit Heiko Schmidt gewann er die 1. Qualifikation, wurde in der 2. Qualifikation Dritter und beendete das Stechen im Finale auf dem 2. Platz. Wie einst sein Vater auf normale Wassertrense gezäumt, glänzte der Schimmel zudem mit guter Rittigkeit und war nicht ein einziges Mal auch nur in der Nähe einer Stange.

Das Zucht etwas mit Sachverstand, Beobachtung und kluger Anpaarung zu tun hat, beweist der Cellestial-Sohn Carimo mit seinem Reiter Heiko Schmidt, auf den sein Züchter Heinz Schmidt zu Recht stolz sein kann. Foto: Wego
Vater Heinz Schmidt ist besonders stolz auf Carimo, weil er bereits zu DDR-Zeiten dessen 1977 geborene Großmutter Indianerin (v. Intendant) für seinen Sohn Heiko Schmidt als dessen erstes privates Reitpferd kaufte, deren sportliche und züchterische Qualität er erkannte. Deren Tochter Minnesota, die Heinz Schmidt mit dem zum Ende der DDR-Zeit erfolgreichen Springpferdevererber Mistral II (v. Modus xx) gezogen hat, setzte die sportlichen Erfolge der Indianerin fort. Heiko Schmidt war mit der 1987 geborenen Stute nach 1990 auf Anhieb erfolgreich, bis gesundheitliche Probleme die weitere sportliche Förderung verhinderten. In der Zucht wirkte sie segensreich weiter und brachte neben Carimo, der Championatsqualität besitzt, dessen zwei Jahre ältere Vollschwester Carmina. Carmina befindet sich nach längerer Auszeit auch wieder im Training und wird von Heiko‘s Frau Katrin geritten.
Die Mecklenburger Stute Cassiopeia, derzeit das "Erstpferd" von Heiko Schmidt, hatte nach zahlreichen internationalen Erfolgen ebenfalls eine lange verletzungsbedingte Pause. Trotzdem war sie 2011 das erfolgreichste Mecklenburger Pferd. Der Neustart schließ dort an, wo es im Frühsommer 2011 endete: Bei der Schweriner Horse Show bereits Fünfte im Großen Preis, machte die elfjährige Cellestial-Tochter auch in Neumünster keinen einzigen Fehler. Das es noch keine Platzierungen auf den ersten Plätzen gab, ist nur der Tatsache geschuldet, weil Heiko die Stute noch mit dosiertem Tempo reitet und behutsam wieder aufbaut.
Cassiopeia befindet sich im Besitz ihres Züchters Arno Göwe, dessen Zuchthof sich in Broock befindet, unweit von dem der Familie Schmidt entfernt. Für qualitätsvolle Mecklenburger Leistungszucht bekannt und ein "Mann der Scholle", hat er Cassiopeia mit der 1989 geborenen Mecklenburger Halbblutstute Gina gezogen. Gina ist eine Tochter des Englischen Vollblüters Godavari xx, der, ebenso wie Ginas Großvater Dispatcher, auch bei Chacco-Blue in 3. Generation auftaucht. Im Nachbarort von Groß Stieten, Chacco-Blue‘s Zuchtstätte, in Dorf Mecklenburg, wurde Cassiopeia‘s Mutter Gina gezogen. Unter Sven Busse, Lebensgefährte von Sandra Engelmann aus Weitenhagen, war Gina bis Klasse S erfolgreich, bevor sie zu Arno Göwe kam. Sie wurde dort neben Cassiopeia auch Mutter der erfolgreichen Cellestial-Nachkommen Charlotte (Mecklenburger Landeschampioness) und Cesario.
Die drei erfolgreichen Mecklenburger haben sich in Neumünster als Botschafter der heimischen Zucht präsentiert und bestätigen, dass auf Leistung bedachte und gut durchdachte Züchtung, in Kombination mit hervorragender Ausbildung, auch in Mecklenburg-Vorpommern Spitzenpferde gezüchtet werden. (Franz Wego)