Güstrow: Pferdezüchter erlebten ein durchwachsenes Jahr

Erschienen am 24.04.2012

Delegiertenversammlung im Verband der Pferdezüchter Mecklenburg-Vorpommern

Güstrow - Der Pferdezuchtverband in Mecklenburg-Vorpommern blickt bei einem positiven finanziellen Jahresabschluss auf ein durchwachsenes Zucht- und Handelsjahr zurück. Das war der Tenor der Delegiertenversammlung am 21. April in Güstrow, zu der sich 75 gewählte Vertreter aus den territorialen Zuchtvereinen und Interessengemeinschaften trafen.

"Der zum Teil drastische Rückgang des Wirtschaftswachstums der vergangenen Jahre geht natürlich auch an den Pferdezüchtern und Pferdesportlern nicht vorbei. Das Jahr 2011 ist mit den Nachwirkungen der Wirtschaftskriese und der ungünstigen demografischen Entwicklung daher eher als durchwachsenes Jahr einzuordnen". Mit diesen Worten begann Verbandspräsident Dr. Manfred Köhler seinen Rechenschaftsbericht, nachdem er die Delegierten bat, sich zu ehren von sieben verstorbenen Züchtern von den Plätzen zu erheben.

Er musste von Rückgängen auf verschiedenen Gebieten berichten, die später im Bericht des Geschäftsführers und Zuchtleiters Uwe Witt in konkreten Zahlen benannt wurden. Der Präsident kommentierte diese Rückgänge so: "Während andere Verbände deutliche Rückgänge bei Mitgliedern, Stuten- und Fohlenbeständen sowie Bedeckungen von bis zu 25 und 30% in der Mehrzahl dieser Positionen hinnehmen mussten, fallen die Rückgänge bei uns zwischen 2 und 10% deutlich moderater aus."

Das der Verband auch für Züchter außerhalb des Verbandes attraktiv ist, vor allem wegen der liberalen Zuchtbuchregelungen und der im Vergleich zu anderen Verbänden günstigen Kosten, beweist die Tatsache, dass es im Verband 107 Mitglieder aus Niedersachsen, 109 aus Schleswig-Holstein, 83 aus Brandenburg, 25 in Schweden und etliche in den Niederlanden gibt. Aus Polen und der Schweiz kämen nach Köhler in diesem Jahr weitere hinzu. Gegenwärtig hat der Verband 2.030 Mitglieder. Das sind 40 weniger als im Vorjahreszeitraum. Gründe werden darin gesehen, dass viele Züchter altersbedingt aufgeben und die Beiträge zur Berufsgenossenschaft drastische erhöht wurden.

Blick in den Tagungsraum beim Landeskontrollverband. Foto: Wego

 

Blick in den Tagungsraum des Landeskontrollverbandes in Güstrow. Foto: Wego

Dass es bei den Stutbuchaufnahmen 2011 eine Steigerung gegenüber den Vorjahren gab, wird dagegen als positives Signal gedeutet. 1.100 geborene Fohlen in 2011 sind allerdings 160 wenige als 2010. Deshalb ist auch in den kommenden Jahren kein deutlicher Zuwachs an Zuchtpferden zu erwarten.

"Weil das Kaufinteresse durch die Krise nachgelassen hat, haben viele Züchter darauf verzichtet, ihre Stuten decken zu lassen", bedauerte Uwe Witt in seinem Bericht. Nach Schätzungen haben 5.300 Halter im Land gegenwärtig rund 25.000 Pferde in ihren Stallungen. Dass der Bundestag beschlossen hat, die Mehrwertsteuer für alle Geschäfte mit Pferden ab 1. Juli auf 19% zu erhöhen, wird als weitere bedeutende Belastung der Züchter gesehen.

Bei allen Problemen appellierte Verbandspräsident Köhler zugleich an die Delegierten, mehr Optimismus nach außen zu tragen und die Dinge im Verband nicht schlecht zureden. "Probleme haben alle Verbände und wir haben wahrhaftig allen Grund, stolz auf das Erreichte zu sein", schlussfolgerte er. Und weiter: "Die Qualitätsentwicklung unserer Fohlen und Stuten zeigt weiterhin einen positiven Trend."

Der Gesamtvorstand des Verbandes wurde von den Delegierten neu bestätigt: v.l. Helmut Frahm, Uwe Witt, Patricia von Mirbach, Volker Dreschel, Jörg Weinhold, Raina Basler, Heiko Schmidt, Wolfgang Bahlke, Martin Thielk, Dr. Manfred Köhler, Dieter Brüsch, Bernd Granzow, Ulrich Prehl. Foto: Jutta Wego

 

Der Gesamtvorstand des Verbandes wurde von den Delegierten neu bestätigt: v.l. Helmut Frahm, Uwe Witt, Patricia von Mirbach, Volker Dreschel, Jörg Weinhold, Raina Basler, Heiko Schmidt, Wolfgang Bahlke, Martin Thielk, Dr. Manfred Köhler, Dieter Brüsch, Bernd Granzow, Ulrich Prehl (einige Vorstandsmitglieder fehlen). Foto: Jutta Wego

Die Verbindung zum Sport, der im Land eine sehr hohe Qualität erreicht hat, sieht Dr. Köhler als besonders wichtig an. "Unsere großen Ausbildungs- und Turnierställe sind Leuchttürme und in der Lage, unsere Zuchtprodukte auf hohem Niveau auszubilden und wirksam in Szene zu setzen." Dieses Potenzial sollte unbedingt mehr genutzt werden. Der Präsident wurde nicht müde zu betonen, dass nur gut ausgebildete Pferde zu kostendeckenden Preisen zu vermarkten sind. In diesem Zusammenhang mahnte er aber auch, bei den Preisvorstellungen realistisch zu sein.

Die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden nannte er ausdrücklich als gewünscht. Wobei Köhler auch nicht damit hinter dem Berg hielt, dass diesbezügliche Verhandlungen mit den Vertretern der anderen ostdeutschen Verbände sich schwieriger gestalten, als er es vermutet hätte.

Was die Vermarktung anbetrifft stellte der Präsident die Mitgliedschaft im bundesweit agierenden "Ponyforum" als besonders wirksam heraus. Durch das Engagement von Präsidiumsmitglied Patricia von Mirbach hätte es auf diesem Gebiet gewaltige Fortschritte gegeben und es seien schon zahlreiche Ponys über dieses Forum verkauft worden. Mehr als bisher sollten die Verkaufskataloge genutzt werden, die vom Verband erstellt und im Internet verbreitet werden.

Der Verband bekennt sich deutlich zur Mitteldeutschen Pferdemarketing GmbH (MPM). "Zumal unsere Pferde beim "Schaufenster der Besten" in zurückliegenden Jahren deutliche Akzente setzen konnten. "Sorgen macht uns allerdings das kräftige Minus im MPM-Jahresabschluss 2011", so Manfred Köhler.

Beim Blick auf die Redefiner Körtage wurde die geringe Zahl an mecklenburgisch gebrannten Hengsten bedauert. "Die Auktion hat zwar zur finanziellen Absicherung der Mecklenburger Körtage beigetragen, war aber für unsere Züchter zu wenig wirksam", kritisierte der Präsident. "Wir wollen und müssen im Interesse unserer Glaubwürdigkeit den Anteil von Mecklenburgern erhöhen." Insgesamt gab er aber ein positives Fazit ab, weil die Redefiner Körtage "unser Zuchtgebiet national und international interessant machen". Er kündigte für die nächste Körung neue Wege an, ohne konkret zu werden. Einen Dank richtete er im Zusammenhang mit der Körung an das Landgestüt für die unkomplizierte Zusammenarbeit der letzten Jahre.

Große Reserven sieht der Präsident in der Jungzüchterarbeit, um den Mitgliederschwund zu stoppen und die Zuchtarbeit auch für kommende Generationen zu sichern. Er appellierte deshalb an die regionalen Zuchtvereine hier unbedingt aktiver zu werden.

Zum Ende seines Berichtes richtete Dr. Manfred Köhler einen Dank an alle, die im Ehrenamt, in Kommissionen und Gremien für den Verband tätig sind und denen, die selbstlos und in guter Qualität die über 150 Veranstaltungen des Verbandes im Lande vorbereitet und durchgeführt haben. Für die Bereitschaft, dem Verband seine Anlage in Groß Viegeln für das Landeselitefohlenchampionate zur Verfügung zu stellen, dankte er Holger Wulschner und seinem Team ganz besonders.

 

In seinem züchterischen Jahresbericht ging Geschäftsführer Uwe Witt näher auf die Situation des Jahres 2011 ein. Die Verringerung des Stutenbestandes um 73 Pferde, was 3,3% entspricht, fällt nach seinen Worten deutlich geringer aus als in anderen Verbänden. Dagegen konnte die Anzahl der insgesamt neu eingetragenen Stuten im Jahre 2011 um 5% erhöht werden. Die allmähliche Erhöhung des Durchschnittsalters der Stuten sieht er im Sinne des Zuchtfortschritts als bedenklich an. "Jeder Züchter sollte das im Auge haben".

"Der Anteil der Prämienanwärterinnen und letztendlich prämierten Verbands- und Staatsprämienstuten zum Gesamteintragungsjahrgang, weist auf eine gute Grundqualität der Stutenbestände in den einzelnen Rassen hin", analysiert der Zuchtleiter. Der Rückgang an Hengsten um 15% über alle Rassen beutet eine Anpassung an die Stutenbestände und wird als positiv eingeschätzt. Besonders bedenklich wird der zu geringe Anteil an Veredlerhengsten (xx, ox) in der Mecklenburger Zucht betrachtet. Von der Zielstellung 15% ist man weit entfernt.

Bedenklich auch, dass nur 57% der insgesamt eingetragenen Stuten einer Bedeckung zugeführt wurden. 2010 waren es noch 61%. Der Zuchtleiter rechnet damit, dass in diesem Jahr 100 Fohlen über alle Rassen weniger geboren werden als 2011. Während es 2009 zu 2008 insgesamt noch einen Zuwachs von 88 Fohlen gab, sind 2011 zu 2010 insgesamt 45 (12%) weniger Mecklenburger und 210 (32%) weniger PKS-Fohlen registriert worden. Da diese in den letzten Jahren kontinuierlich an Typ- und Bewegungsqualität gewonnen haben, braucht man sich um den Zuchtfortschritt jedoch nicht zu sorgen.

Breiten Raum nahmen in den Ausführungen von Uwe Witt die Vorstellung besonders erfolgreicher Mecklenburger Pferde und Züchter ein. Dabei wurden Pferde wie Cassiopeia v. Cellestial, Chacco-Blue v. Chambertin, Coco v. Cellestial, Prinzipal v. Prinz Oldenburg, Mister Miller v. Matador xx genannt. Er hob auch die Leistungen von Sandra Engelmann (Weitenhagen) ausdrücklich hervor, die für die Mecklenburger Züchter Pferde in hoher Qualität auf Schauen und zu Prüfungen vorbereitet und selbst auf Turnieren hervorragend vorstellt.

 

Kurz und prägnant waren wie stets die Ausführungen der Prokuristin Heike Fischer, die von einem ausgeglichenen Haushalt berichten konnte. Die Gesamteinnahmen im Jahr 2011 betrugen 508.488 Euro, das sind 18.320 Euro mehr als im Jahr 2010. Die Ausgaben betrugen 507.703 Euro, das sind 20.358 Euro mehr als im Vorjahr. Damit wurde ein Jahresüberschuss von 745 Euro erreicht. Die Körung 2011 inklusive Auktion war mit Einnahmen in Höhe von 81.000 € und Ausgaben in Höhe von 80.000 € am Gesamthaushalt mit zirka 16% beteiligt. "Dies ist vergleichbar mit 2010", so Heike Fischer. Dem Verband flossen 2011 Fördermittel in Höhe von 59.500 Euro zu. Diese wurden zweckgebunden verwendet.

Die Rechnungsprüfer bescheinigten der Verbandsgeschäftsstelle einen sorgsamen Umgang und Verwendung der Mittel. "Das Belegwesen war lückenlos", konstatierte Bernhard Nitzlader, der den Bericht vortrug. Und weiter: "Alles in allem hat die Prüfung 2011 ergeben, dass die Verantwortlichen unseres Verbandes sich im harten Wettbewerb Pferdemarkt gut geschlagen haben. Er beantragte deshalb die Entlastung des Vorstandes.

 

Zu den Diskussionsrednern gehörte auch Bauernpräsident Rainer Tietböhl. Foto: Wego

Zu den Diskussionsrednern gehörte auch Bauernpräsident Rainer Tietböhl. Foto: Wego

In der Diskussion ergriff Redefin‘s Geschäftsführerin Antje Kerber das Wort. Sie stellte mit zahlreichen Fotos die Festschrift zum 200-jährigen Bestehen des Landgestüts Redefin vor. Dem Autor Wolfgang Karge ist es gelungen ein hochinteressantes Werk mit dem geschichtlichen Ablauf der 200 Jahre zu schaffen. Das Buch ist für 19,90 Euro im Landgestüt erhältlich.

Dr. Burkhard Dittmann überbrachte die Grüße der Pferdesportler des Landes und lobte die gute Zusammenarbeit mit dem Zuchtverband. Er betonte, dass die Erfolge des Zuchtverbandes auch in der Arbeit der Pferdesportler mitbegründet sind und versprach, den Schulterschluss auch weiter zu pflegen.

Einen interessanten Einblick in die Arbeit der Jungzüchter brachte Dörte Wolfgram, die zusammen mit Anne Hänisch und Christin Braun die Motoren der Jungzüchterarbeit im Land sind. Sie bedauerte ein wenig, dass die anderen Ostverbände auf diesem Gebiet weiter sind und schloss mit dem vielsagenden Satz: "Nicht nur Züchten heißt in Generationen denken, sondern - auch bei Züchtern muss man in Generationen denken".

Bauernpräsident Rainer Tietböhl überbrachte ebenfalls Grüße aus seiner Zunft, zu der Züchter ja auch gehören. Seine eigentliche Botschaft aber war es, die Pferdezüchter zu sensibilisieren, um sich den Hausforderungen der Tierhaltung allgemein zu stellen, mit der besonders die Kleintierhaltung gegenwärtig zu kämpfen hat. "Noch sind es die Hühner und Schweine, die sich die selbsternannten Tierschützer vorgenommen haben und am liebsten in die Zeit vor 100 Jahren zurückkehren wollen. Aber auch Pferdehalter sollten gewappnet sein, und sich nicht wegducken, wenn Leute, die selbst nie Tiere hatten, Fragen zu Haltung und Umgang mit Pferden stellen", sagte der Bauernpräsident.

Vorstandsmitglied Raina Basler trieb in ihrem Beitrag die Sorge um den Verband und die Mecklenburger Zucht um. Sie forderte, dass Strategien entwickelt werden, um den Verband für die Zukunft fit zu machen. Dazu wünscht sie sich eine Arbeitsgruppe, die eine Vielzahl von ihr aufgeworfener Fragen unter die Lupe nehmen sollte.

 

Es gab in diesem Jahr nur drei Beschlüsse zu fassen, die alle einstimmig angenommen wurden. Das betraf Änderungen der Zuchtbuchordnung, die nach EU-Vorgaben erforderlich wurden. Es gab eine Satzungsänderung, in der die Tätigkeit des Verbandes auf die Schweiz und Norwegen erweitert wurde. Ferner musste der Gesamtvorstand noch mal bestätigt werden, weil im Zuchtverein Parchim Wilhelm Schön als Vorsitzender ausgeschieden ist und für ihn Uwe Ritter das Amt übernommen hat. Das gleiche gilt für den Zuchtverein Redefin, in dem jetzt Dieter Brüsch die Vereinsführung von Kurt Schröder übernommen hat. Mit der Ehrung und Auszeichnung verdienter Züchter, über die wir an anderer Stelle berichten, ging die sehr diszipliniert und konstruktiv verlaufene Delegiertenversammlung zu Ende.  (Franz Wego)

Warenkorb

Sie haben 0 Artikel in Ihrem Warenkorb

Warenkorbwert: 0,00€