Dieter Walther wird 75
Erschienen am 09.04.2011
Horseman der "Alten Schule" und Vorbild für die junge Generation
Die Kindheit ist in vielerlei Hinsicht das Fundament eines jeden Menschen. Je stärker dieses
von den Eltern und Großeltern geprägt wurde, umso mehr Erschütterungen kann es standhalten. Ich bin eines dieser Kinder beziehungsweise ein Enkel des Mannes dessen 75. Geburtstag am 12. Mai der Anlass für diesen Beitrag ist. Viele Dinge sind über Dieter Walther schon gesagt. Ich möchte diesen in meinem Namen noch ein paar Anekdoten hinzufügen um zu beschreiben wie mich diese Einflüsse zu dem gemacht haben, was ich heute bin.

Ich hab es immer bewundert, jemandem bei der Arbeit zu zusehen (besser gesagt geholfen, "zusehen" hätte ich mich nicht getraut) der seinem Beruf so viel Leidenschaft, Zeit und Geduld widmet. Der seine Aufgaben stets mit Präzession, Ordnung und viel Liebe zum Detail verrichtete. Ordnung und Pünktlichkeit standen stets an erster Stelle. War der Stall gefegt und man ging bedenkenlos an einem Halm Stroh vorbei der versehentlich auf der Stallgasse lag, konnte man sicher sein, dass man darauf hingewiesen und belehrt wurde. Ebenso wurden Leute die auf den Hof nach Mulitz mit Händen in den Hosentaschen kamen, und mit ihrem ersten Satz die Frage stellten: „Kann man hier Reitunterricht bekommen?“, freundlich - aber bestimmt - darauf hingewiesen, dass an erster Stelle einer gepflegten Unterhaltung "Guten Tag" zu stehen hatte oder wie in Holstein üblich, ein klares kurzes "Moin". Ein "Guten Morgen" war allerdings nur angebracht, wenn man auch morgens in den Stall kam, sprich 6.00 Uhr in der Früh. 6.30 Uhr gehörte da schon zur Abteilung "Mahlzeit".
Wenn ich heutzutage in meinem Job als Bereiter, oder fachlich korrekt - als gelernter Pferdewirt - mit der Einweisung neuer Lehrlinge in den Berufsalltag betraut werde, enttäuscht es mich doch teilweise, wie wenig den Punkten Sauberkeit und Pünktlichkeit Beachtung geschenkt wird. Ja und ich muss sagen - wer kann es ihnen verübeln. Nicht jeder kann so einen Großvater haben. Einen Großvater, der mit jenseits der 60 über Wiesen rennt, während sein ältester Enkel den Trecker fährt und ohne aus der Puste zu kommen 20 Liegestütze und 15 Klimmzüge schafft. Oder, der nach einem Schädelbasisbruch im gleichen Alter nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auf den Rat des Arztes, sich noch zwei bis drei Wochen zu schonen, keinen Wert legte und am selben Tag wieder auf dem Pferd saß. Ein Großvater, der nach einem Sturz des Enkels vom Pferd gerne einen aufmunternden Satz auf den Lippen hatte der folgendermaßen klang: "Steh auf wir sind hier nicht beim Fußball".
Und auch wenn es nur bildlich gesprochen war wenn er sagte: „man müsse immer wieder aufsteigen, auch wenn man vom Pferd gefallen ist“, hat dieser Satz auch als Lebenseinstellung eine große Bedeutung für mich. Nämlich die Lehre, dass man niemals aufgeben sollte. Und obwohl Disziplin bei Kindern nicht unbedingt ein Thema ist was sie vermissen würden, war es doch nach jedem Urlaub wieder gängiges Ritual, dass wir beim Abschied geheult haben, als wäre unser Hund gestorben. Der Grund, warum dies immer wieder der Fall war, ist leicht zu erklären. Es war die Fürsorge die wir dort bekamen. Die langen Ausritte, das Halbe-Stunde-Leichttraben ohne Bügel an der Longe (ok das vielleicht nicht) und das stetige Gefühl, dass wir etwas Sinnvolles gelernt hatten.
Ich ziehe an dieser Stelle im Namen der Familie den Hut vor der Leistung dieses Mannes, über den ich noch so viel schreiben könnte. Aber um es auf den Punkt zu bringen: Es sind die wahren Werte im Leben, die mein Großvater in meinen Augen verkörpert und die wir mit der gleichen Überzeugung mit der er es tat, an künftige Generationen weitergeben sollten. Denn reiterlich wie auch menschlich halte ich Dieter Walther für ein ehrbares Vorbild, auf das jeder Enkel und Sohn stolz sein kann.
John Walther