Hamburg Deutsches Springderby (16.-20.05.2007)

Erschienen am 20.05.2007

Schier unglaublich, was die Mecklenburger Jungs beim 78. Deutschen Springderby leisteten. Auf den ersten Plätzen drei Reiter aus dem nordöstlichsten Bundesland mit Andre Thieme als Sieger; die Pferdewelt stand Kopf.
Andre Thieme aus Plau, der für den "Alten Landsitz" Sommerstorf reitet, hat mit dem 12-jährigen niederländischen Wallach Nacorde das 78. Deutsche Spring-Derby gewonnen und damit auch die Führung in der RIDERS TOUR übernommen, die in Hamburg die erste von sechs Etappen erlebte. Das Derby wurde quasi zum "Durchmarsch" für Mecklenburg-Vorpommern, denn mit Thomas Kleis (Schloss Wendorf) auf Zetor, dem in Sommerstorf lebenden Briten Richard Robinson auf Olli-Pop und Matthias Granzow (Passin) auf der Mecklenburger Stute Antik, brillierten drei weitere MV-Reiter.

Insgesamt 139 Null-Fehlerritte kennt die Derbygeschichte in Hamburg-Klein Flottbek nun und Derby-Sportchef Paul Schockemöhle, der Andre Thieme von vornherein zu den Favoriten zählte, hatte schon am Freitag nach der zweiten Qualifikation vorausgesagt, dass es ein Stechen geben würde. Schon Richard Robinson versetzte die 22.500 Zuschauer rund um den Derbyplatz in helle Aufregung, als er die 135. Null-Runde im Sportklassiker absolvierte. Das es dann am Ende gleich drei Meck-Pomm-Reiter wurden, die zusammen mit der schnellen Schwedin Linda Heed auf Columbus und Alois Pollmann-Schweckhorst (Mühlen) auf dem erfahrenen 18-jährigen Derbysenior Montanus Faro, der nach dem Derby verabschiedet wurde, ins Stechen einzogen, gleicht schon einer Sensation. "Mecklenburg gegen den Rest der Welt", war von Paul Schockemöhle zu hören. Pech hatte Carsten-Otto Nagel (Wedel), Gewinner beider Qualifikationen, der bereits 1999 mit Wienerwirbel das Deutsche Spring-Derby gewann: Calle Cool trat am Wall-Abgang zurück. Ein Happy-End gab es für den dreimaligen Derbysieger Toni Haßmann (Lienen), denn der Westfale, der die Qualifikation knapp verpasste, profitierte davon, dass einige qualifizierte Teilnehmer auf das Finale verzichteten. Haßmann wurde mit Collin Siebter.

Das Stechen, an dem gleich fünf Reiter teilnahmen, was zuletzt in einem Vier-Fehler-Stechen 1976 der Fall war, wurde zum Krimi, für den die Mecklenburger das Drehbuch schrieben. Olli-Pop musste mit Richard Robinson als Erster an den Start. Der Sommerstorfer behielt die Nerven, Olli-Pop die Übersicht und beide waren nach 52,23 Sekunden erneut fehlerfrei im Ziel. Linda Heed war schneller hatte aber zwei Abwürfe (4. Platz). Dann "Alo" Schweckhorst, den viele als Topfavorit gehandelt hatten. Doch obwohl Montanus Faro die 2. Qualifikation nicht gehen brauchte, machte er 17 Fehler (5. Platz). Damit war der Sieg schon in MV. Doch welcher Reiter würde es sein? Thomas Kleis ließ Zetor als vorletzter Starter erstaunlich flott galoppieren. Woher nahm dieses derbyunerfahrene Pferd nur die Kraft? Erneut blieb der Zeus-Sohn fehlerfrei und war mit 51,34 Sekunden schneller als Robinson. War das schon der Sieg? Andre Thieme startete mit Nacorde, der eine Woche zuvor noch gesundheitliche Probleme zu haben scheinte, sehr selbstbewusst und der Braune sprang sicher. Würde er das hohe Tempo bis zum Schluss verkraften? Die Wegesprünge: Das Angsthindernis des Paares - wieder nahm sich Nacorde selbst stark auf und mit viel Bein schickte Andre ihn "auf groß" über das zweite Element. Es ging gut und nach 49,89 Sekunden war der Derbysieg geschafft und Thieme konnte 35.000 Euro sein Eigen nennen. Er riss die Kappe vor Freude hoch und winkte auf einer Sonderrunde dem jubelnden Publikum zu.

Thieme selbst war fassungslos und fand trotzdem noch bemerkenswert viele Worte. Die Derby-Vorbereitung des 32-jährigen, der seit vier Monaten Vater des kleinen Max-Andre ist, war super-professionell und wurde zwei Wochen vor dem Derby jäh gestoppt. "ich habe gemerkt, dass Nacorde ein bisschen empfindlich war, bei Bodenunebenheiten komisch reagierte und dann hat sich das als leichte Prellung im Hufbereich herausgestellt", so Thieme. Kurzerhand wurde eine Woche Pause anberaumt, dann wieder leichtes Training, "aber kein einziger Derby-Sprung". Der braune Wallach dankte es dem Reiter mit Frische und Leistungsbereitschaft.
"Jungs das habt ihr gut gemacht", gratulierte RIDERS TOUR-Chef Paul Schockemöhle den drei Spitzenreitern Andre Thieme, Thomas Kleis und Richard Robinson. Drei in Mecklenburg-Vorpommern beheimatete Derbyhelden sorgten für Freude beim Pferdesport-Experten. Thieme will nun seine Pläne für die kommenden Wochen überdenken. Eigentlich sollte es nach Calgary gehen für einen fünfwöchigen Turniereinsatz, doch jetzt will der Spitzenreiter der RIDERS TOUR noch mal überlegen.

Eine ganz starke Leistung bot auch Matthias Granzow, der früh am Start war, sich schon nach der 1. Qualifikation mit einer Nullrunde empfahl und auf der Mecklenburger Stute Antik mit nur einen leichten Fehler als Zwölfter Platziert wurde. Auf Zorro kam er außerdem noch zu einer Platzierung im Speed-Derby.
Pechvogel des Derbys war Heiko Schmidt. Dabei begann alles so verheißungsvoll. In der 2. Qualifikation sprang der Mecklenburger Galan wie vom anderen Stern und gehörte wie Nacorde zu den acht Pferden, die den Parcours fehlerfrei absolvierten. Doch dabei vertrat er sich offensichtlich konnte nicht mehr zum Stechen antreten und auch zum Finale war der Golden Miller-Sohn nicht einsetzbar. Während sich in der 1. Qualifikation nur Thomas Kleis (7.) und Matthias Granzow (11.) platzierten, waren es in der 2. Qualifikation mit Andre Thieme, Heiko Schmidt (beide 4.), Thomas Kleis (10.) und Richard Robinson (13.) gleich vier Reiter aus MV.

Holger Wulschner konnte auf Cool-Man nicht in die Entscheidung des Derbys eingreifen. "Zu wenig Vorbereitung, weil mein Derbyplatz in Groß Viegeln zu spät fertig wurde", so begründet er die Ursache für sein Abschneiden (16 Fehler, 25. Platz). Erstmals war auch der Redefiner Daniel Wascher in Hamburg am Start, der auf Sergeant Pepper Erfahrungen gesammelt hat.
Doch auch Holger Wulschner hatte in Hamburg großen Erfolg. Auf Clausen startete er am Samstag im Großen Preis, blieb in Umlauf und Stechen strafpunktfrei und wurde Dritter vor Marcus Ehning auf Sandro Boy. Der Sieg ging an Markus Fuchs (Schweiz) auf Nirmette. Auf Cassius gewann Wulschner zudem ein Springen der Youngster Tour, in der Richard Robinson den erst siebenjährigen Carlucci in allen drei Springen mit fehlerfreien Ritten platzierte. Im Finale, das Christian Ahlmann (Marl) auf Coquet gewann, wurde das Sommerstorfer Paar nach fehlerfreiem Stechen Dritter. Im Championat von Hamburg hatte am Donnerstag Ludger Beerbaum (Riesenbeck) mit Couleur Rubin die Nase vorn. Die Gesamtbörse der Mecklenburger Reiter erreichte in Hamburg die beträchtliche Summe von 82.185 Euro.

Das Deutsche Dressur-Derby gewann in Hamburg Ellen Schulten-Baumer (Rheinberg). Im Finale mit Pferdewechsel kam sie mit ihrem eigenen Pferd sowie den Pferden ihrer beiden Mitbewerberinnen auf insgesamt 3,706 Punkte (Durchschnittswert = 68,630 Prozent). Auf den Plätzen zwei und drei folgten Heike Kemmer (Winsen) mit 3.635 Punkten (= 67,315 Prozent) und Kristy Oatley (Australien) mit 3.565 Punkten (= 66,019 Prozent).

Volker Wulff, Turnierleiter des Deutschen Spring- und Dressur-Derbys, zog eine positive Bilanz, denn mit rund 57.000 Zuschauern setzte der Klassiker des internationalen Springsports in Hamburg eine Rekordmarke. Das galt auch für Presenting-Sponsor Tchibo, der die Tradition des caritativen Engagements fortsetzte und zugunsten der Aktion Power-Child e.V., die Kinder gegen sexuellen Missbrauch schützt, 35.000 Euro eintrieb. An der Aktion war auch Schauspielerin Veronica Ferres beteiligt. Besonderes Lob erhielt der Boden, der für 800.0000 Euro mit einer 40 cm starken Basaltschicht und einer Rasendecke neu angelegt war und sicher großen Anteil an den guten Ritten in diesem Jahr hatte. Den Hauptteil machte aber sicher die gute Vorbereitung der Pferde aus.

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