Redefin (29.09.2007)

Erschienen am 29.09.2007

Hengstparaden im Landgestüt Redefin
Drei sonnenreiche Tage und eine verregnete "Modderschlacht" ließen die Besucherzahl mit knapp 28.000 in diesem Jahr geringfügig schrumpfen

Die Hengstparaden im Landgestüt Redefin, Tradition seit 1935, sind zu einem Wirtschaftsfaktor des Landgestüts und zum kulturellen Höhepunkte im Land geworden. Die Zuschauerzahl von 30.000 aus den letzten Jahren wurde zwar nicht ganz erreicht, weil es, ausgerechnet als die Berichterstatter den Paraden einen Besuch abstatteten, stark regnete. Das tat den Events insgesamt aber keinen Abbruch. Einzig die Reiter und Fahrer sind zu bedauern, deren Ausrüstung mit dem roten Boden des Platzes zum Teil irreparabel verdreckt war. Möglicherweise gibt es, was den Boden betrifft, Handlungsbedarf.
Wer die Paraden aufmerksam verfolgt hat und in jedem Jahr dabei ist, bemerkte diesmal einige Änderungen. Das gilt nicht nur für den Kommentator. Erstmals saß Dr. Siegfried Hoffmann als neuer Landstallmeister am Mikrofon. Er hatte sehr viele interessante Informationen im Gepäck. Mit etwas mehr Abstimmung zwischen Musik und Gesprächseinlagen lassen sich seine Kommentare zukünftig sicher noch besser verstehen. Diesmal war es gelegentlich anstrengend.
Aber auch im Programm hat es grundlegende Änderungen gegeben. Die Sechserzüge, bisher zu den Klassikern der Parade gehörend, fehlten. "Es wird immer schwieriger, was auch mit der gestiegenen Zahl an Pachthengsten zu tun hat, 24 Pferde zur Verfügung zu haben, die problemlos zu Sechserformationen zusammen gespannt werden können", so Hauptsattelmeister und stellvertretender Gestütsleiter Roland Mähling. Schade: Woran Hartmut Platzek, Landstallmeister a.D. um jeden Preis festhielt, scheint nun nicht mehr zu gehen. Auch die Auftritte der freilaufenden Haflingerhengste sind Geschichte.
Gleichwohl gab es zahlreiche interessante neue Bilder, etwa "Hengste in verschiedenen Anspannungen vor historischen Kutschen", das an Stelle der Sechserzüge mit sechs Gespannen präsentiert wurde. Vertreten war GW Dorit Schicketanz mit Con la Mente (v. Continue) im Einspänner. GOM Alfred Lüth saß auf einer leichten, geschlossenen Reisekutsche eines Zweispänners an den Leinen von Piment v. Pinkus und Rubinstern v. Rubinstein, GOW Udo Kähler trat mit Lazarus (v. Loredo) und Landsrat (v. Landadel) in Tandemanspannung auf. Zwei Landauer, darunter ein sehr schöner in roten Farben vom Hof Zachmann (Neustrelitz) zur Verfügung gestellt, wurden von den GOW Jens-Uwe Gawehns (Allvar v. Lomber, Amarit v. Anrit, Lemnitz v. Lonely Boy, Panduros v. Pablo) und Fred Schicketanz (Loretto v. Loredo, Ludolf v. Lucian, Landboy v. Landjonker, DÂ’Olympic Son v. DÂ’Olympic) präsentiert. Wenigstens einen Sechserzug bekamen die Besucher zu sehen, in dem GOW Hans-Joachim Frahm saß. Er hatte Gradient v. Gragenit, Mister X v. Matador xx, Skrolan v. Sandro Star, Mondras v. Monjul, Gustinus v. Gonzo und Attila v. Admiral angespannt.
Nachdem politische Prominenz, zumeist Agrarminister Dr. Till Backhaus in Begleitung von Yvonne von Laer (Vorsitzende des Förderkreis Landgestüt Redefin) und des neuen Landstallmeisters, die Eröffnungsrede hielt, nahm das vierstündige Programm mit 18 Bildern seinen Lauf. Wie stets begrüßte Backhaus Besucher und Gäste mit dem nicht ganz erst zu nehmenden Slogan "im schönsten Landgestüt der Welt". Landgestüte sind nach seiner Meinung "Gradmesser der Pferdezucht eines Landes". Wichtig scheint seine Aussage, dass weitere sieben Millionen Euro zur Restaurierung und Erweiterung in das Landgestüt fließen sollen.
Die Interessengemeinschaft der Shetlandponyzüchter, seit Jahren dem Landgestüt besonders verbunden, startete auf jeder Parade (nun das elfte Jahr infolge) wieder eine Fohlenverlosung, bei der diesmal 7.010 Euro zusammen gekommen sind. Auch dieses Geld, insgesamt bisher 60.000 Euro, fließt alljährlich in das Landgestüt.

Vielseitige Bilder, engagierte Akteure
Als am 29. September um 17.30 Uhr auf wasserdurchtränktem Boden die "Große Dressurquadrille" mit der "Attacke" den Paradeplatz verließ, lagen 17 Stunden Hengstparade hinter Pferden und Mitarbeitern. Obwohl (oder weil?) viele junge Hengste aus der eigenen Aufzucht eintrainiert werden mussten, klappten die Bilder auffallend gut. Der Berichterstatter, der nur am letzten Tag dabei war, kann dies zumindest vom Regentag sagen. Dieser forderte Tier und Mensch zusätzlich alles ab, zumal das Lederzeug durchtränkt und von dem roten Boden stark verdreckt war. Hochachtung Mädels und Jungs, das habt ihr wirklich klasse gemacht. Das zeugt von Können und Sachverstand des Personals.
Der berittene Fanfarenzug mit zwölf Bläsern und Fred Schicketanz als Kesselpauker auf Anrit setzte ein erstes Zeichen. Die zahlreichen Gespannbilder stellten zweifellos Höhepunkte dar. Dazu trugen auch andere Einrichtungen bei, wie die IG Kaltblut, deren Vertreter sehr viel Mühe auf sich nahmen und deren Auftritte eine echte Bereicherung war. Claudia Huschka wartete mit einem Quindrom auf. Fünf Kaltblutstuten von Günter Lüdders voreinander gespannt und zusammen mit Christian Platzek und Christian Schröder brillant gefahren. Manfred Scheel fuhr vom Sattel aus vierspännig einen alten Binder und hatte Tochter Nadine als Reiterin mitgebracht. Auch die Siegerstute Veronica fehlte nicht. Eugen Pierstorf war mit einem Zweispänner vertreten und ein Fohlen ging neben der Mutter. Holger Penzin war mit einem Ackerwagen ebenso dabei wie Friedrich-Ernst Wilfahrt mit seinen Schleswigern. Georg Wilk stellte seinen prächtigen Hengst Endo mit drei Stuten vor. Ein vielseitiges Bild, das das Engagement der Kaltblutzüchter unterstreicht.
Glanzpunkte waren neben den schon erwähnten historischen Kutschen vor allem der Große Mehrspänner mit 16 Hengsten und die aus dem Jahre 1863 stammende sechsspännig gefahrene Postkutsche. Beide meisterlich von GOW Hans-Joachim Frahm in Szene gesetzt. Das Herren-Musikcorp Neubrandenburg unter Leitung von Norbert Bahlo spielte dazu wieder die "Post im Walde". Solo und Echo wurde von Ralf Parpart und Heiko Wiegand meisterlich intoniert. Bevor die Postkutsche einfuhr gab es einen kleinen Exkurs aus der Geschichte der Postzustellung.
Einen historischen Rückblick in die Mitte des 18. Jahrhunderts vermittelt die Paarquadrille. Vier Paare in barocker Kleidung - braun-weiß beritten - die Damen traditionell im Damensattel. Die Herren holten dabei die Damen ab, die auf dem Platz Picknick machten. OSM Thieme inszenierte die Choreographie, die hervorragend klappte.
Im HANSANO-Cup (Hindernisfahren) mussten Prominente und die zuständigen Gespannfahrer je einen halben Parcours absolvieren, die als Paar gewertet wurden. Nachdem Staatssekretär Dr. Kreer sich am 1. Tag als Sieger durchsetzte, gelang das am 2. und 4. Tag Minister Backhaus. Am 3. Tag konnte Zuchtverbandspräsident Jörg Weinhold den Siegerpreis entgegen nehmen. Die Sieger hatten jeweils das Lewitzer Gespann von Guido Greskamp (Dreilützow) an den Leinen. Am 4. Tag wurde der Sieg für Backhaus eine hart erkämpfte Modderschlacht.
Auch die gerittene Fahrschule, eine Achter-Tandemquadrille, deren Bilder wieder sehr harmonisch wirkten, war vertreten, ebenso die Springquadrille mit 16 Reiter-Pferd-Paaren.
In den sportlichen Bildern präsentierte das Landgestüt seine jungen Sporthengste wie Elbadel v. Singular Joter, Dycos DÂ’Or v. Don Marcello, Duobles Well v. DÂ’Olympic, Con la Mente v. Continue und Underberg v. Ussuri xx. Die höchsten Sprünge machte Sergeant Pepper, der auch einige seiner Fohlen präsentierte. Unter dem Springsattel vertreten waren auch Calino Tarnko v. Calido, Carrico v. Catoki, Con Ferro v. Continue und Contact Me v. Carthago. Große Erfolge hatten in diesem Jahr die Redefiner Dressurreiter bei den Landesmeisterschaften. Mit Stolz präsentierten sich OSM Michael Thieme, Landesmeister auf DÂ’Olympic, Christina Thieme, Vizelandesmeisterin auf Wicklow County, GOW Roland Volkmann 3. Platz auf Anrit. Ferner Azubi Janett Köhler, Landesmeisterin der Jungen Reiter auf Durango und GW Steffen Frahm, Vizelandesmeister auf Don Akzentus.
Neu war das Bild "Sandsurfen", das Auszubildende präsentierten. Am 4. Paradetag war es eher ein richtiger Surfwettbewerb, denn die von Pferden gezogenen Surfbretter glitten über Wasser. Das war natürlich moddrig und entsprechend sahen die Akteure auf den Brettern aus. Hut ab, dass sie es zum Gaudi der Besucher durchgezogen haben.
Als die Römerwagen den Platz betraten, nahte das Ende. Als Krieger mit jeweils vier Hengsten vor den Kampfwagen präsentierten sich SM Dieter Brüsch, GOW Hans-Joachim Frahm und GOW Udo Kähler. Es war am 4. Tag eine Schlacht im wahrsten Sinne des Wortes. Auch Besucher blieben von Modderspritzern nicht verschont.
Dann war es soweit: Die Große Dressurquadrille zum Gedenken an die Befreiungskriege des 19. Jahrhunderts zog ein. Angeführt von GOW Erich Scheel auf Solar, der die Standarte "Freiheit und Recht" aus dem Jahre 1813 mitführte, ritten 24 "Schwarze Reiter" auf den Platz. Die Funktion des Kommandeurs Adolf von Lützow übernahm OSM Michael Thieme mit Juventus. Die Quadrille ist dem großen mecklenburgischen Freiheitskämpfer Adolf von Lützow gewidmet. Am 18. Februar 1813 gab der mecklenburgische Großherzog Friedrich Wilhelm III Adolf von Lützow den Auftrag, zum Kampf gegen die napoleonische Unterdrückung ein Freicorps aufzustellen. Die "Schwarzen Reiter", zu denen auch Theodor Körner gehörte, der 1813 am 26. August 22-jährig in einer Schlacht fiel und in Wöbbelin begraben liegt, hatten sich die Losung "Freiheit und Recht" auf ihre Fahnen geschrieben. Als Kommandeur Adolf von Lützow, alias Michael Thieme, zur Attacke blies, verließen die Schwarzen Reiter mit ihren Hengsten unter den Klängen von "Lützows wilder verwegener Jagd" im gestreckten Galopp den Paradeplatz, bis über die Ohren von Modderspritzern bedeckt.

Warenkorb

Sie haben 0 Artikel in Ihrem Warenkorb

Warenkorbwert: 0,00€