Redefin - Hengstparade (27.09.2008)
Erschienen am 01.10.2008
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Hengstparaden im Landgestüt Redefin
Trotz attraktiver Bilder und Wiederkehr der Sechserzüge, schrumpfte die Zahl der Besucher in diesem Jahr erheblich.
Die Hengstparaden im Landgestüt Redefin, Tradition seit 1935, sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für das Gestüt. Da schmerzt der Besucherrückgang umso mehr. "Woran mag es liegen", fragte sich auch Brigitta Palass vom Förderverein Landgestüt Redefin. Man braucht kein Prophet zu sein, um zu erkennen, dass die Medienkampagne gegen das Landgestüt in diesem Jahr durchaus Einfluss hat. Am Wetter kann es nicht gelegen haben, dass war bis auf kurze Schauer am zweiten Paradetag sehr gut. Auch über die Eintrittspreise muss nachgedacht werden. Sollte über eine Reduzierung der Paradetage nachgedacht werden, muss ein Samstag sicher auf jeden Fall dabei bleiben. Vielen Besuchern passt es am Samstag einfach besser.
Der Berichterstatter war am letzten Tag dabei und kann zu Programm und Ausführung nur Positives sagen. Natürlich wird nicht mit jedem Bild der Geschmack jedes Einzelnen getroffen. Zu bestimmten Demonstrationen, mit denen das Landgestüt seine Arbeit außerhalb der eigentlichen Hengsthaltung demonstrieren will, gab es durchaus Meinungsunterschiede. Besonders positiv aufgenommen wurde, wie Gesprächen entnommen werden konnte, dass die Sechserzüge wieder zum Programm gehören. Dafür musste allerdings die Paarquadrille weichen.
Minister Backhaus war natürlich dabei und wurde wie immer werbeträchtig zusammen mit Redefin-Geschäftsführer Thomas Sönnichsen und Förderverein-Vorsitzende Yvonne von Laer zur Begrüßung in die Bahn gefahren. Seine Worte klangen in diesem Jahr etwas anders. Es sprach vom "wunderschönen Gestüt". Sonst pflegte er zu sagen "im schönsten Bundesland und im schönsten Landgestüt Deutschlands". Aufmerksamen Beobachtern fiel auf, dass er etwas zu häufig mit Blickrichtung Ehrengäste betonte, "seien Sie dem Landgestüt Redefin weiter gewogen". Weil das auch Geschäftsführer Sönnichsen wiederholte, kommt der Gedanke von Unsicherheit auf. Besonders am letzten Tag waren auffallend viele Vertreter aus dem Zuchtverband und den regionalen Zuchtvereinen vor Ort.
Der Minister teilte mit, dass gegenwärtig der Park des Gestüts saniert wird und zur Bundesgartenschau (BuGa), die am 23. April 2009 in Schwerin beginnt, fertig sein soll. In diesem Zusammenhang richtete er einen Dank an den Förderverein, der bisher weit über 400.000 Euro zur Erhaltung der Gestütsanlagen eingeworben hat.
Die klassischen Schaubilder klappten, zumindest am letzten Tag (nur dafür kann der Berichterstatter sprechen) auffallend gut. Wer aber bekannte Vererber ausmachen wollte, musste ganz schön suchen. "Ich kenne nur wenige der heute vorgestellten Hengste, früher habe ich sie alle gekannt", klagte ein älteres Verbandsvorstandsmitglied. Das hängt aber nun mal damit zusammen, dass sich ein Großteil der Pferde die die Programmbilder bestreiten, aus der eigenen Hengstaufzucht rekrutiert. Diese haben ihren Job jedoch sehr gut gemacht.
Die Interessengemeinschaft der Shetlandponyzüchter, seit Jahren dem Landgestüt besonders verbunden, startete trotz Verärgerung, ausgelöst durch gestiegene Kosten bei der Ponyprüfung, auf jeder Parade (nun das zwölfte Jahr infolge) wieder eine Fohlenverlosung, bei der über 7.000 Euro zusammen kamen. Auch dieses Geld, insgesamt bisher 67.000 Euro, fließt alljährlich in das Landgestüt. Die Ponyprüfung wird nun Ende Oktober auf dem Shetlandhof in Setzin zu günstigen Konditionen nachgeholt.
Vielseitige Bilder, gekonnt vorgestellt
Als am 27. September um 17.30 Uhr die "Große Dressurquadrille" mit der "Attacke" den Paradeplatz verließ, lagen 17 anstrengende Stunden Hengstparade hinter Pferden und Mitarbeitern.
Der berittene Fanfarenzug mit zwölf Bläsern und Fred Schicketanz als Kesselpauker auf Anrit setzte ein erstes Zeichen. Bei den verwegenen Postreitern fehlte erstmals Steffen Frahm, der bekanntlich mangels Perspektive in einen Privathengsthalterstall als Dressurreiter an die Nordsee wechselte. Günter Stübing, der die Zuschauer mit Handbewegungen zu mehr Beifall aufforderte und Paul Wiktor lösten ihre Aufgabe ganz hervorragend und ernteten viel Beifall.
Dann kamen sie schon - die vier Sechserzüge. Es war eine Augenweide wie die Gestütsoberwärter Hans-Joachim Frahm, Alfred Lüth, Fred Schicketanz und Udo Kähler die 16 Hengste harmonisch und in Formation über den Paradeplatz dirigierten. Es geht also und auch die zahlreichen jungen Hengste haben schnell gelernt. Glückwunsch Männer, Ihr habt der Parade Glanz gegeben.
Es folgte ein Stutenbild, bei dem fünf Stuten mit Fohlen von Gernot Wascher gezeigt wurden. Anlass war sein 30-jähriges Jubiläum als Privatzüchter. Auch die Mecklenburger Siegerstute erschien zusammen mit ihrem Vater DÂ’Olympic und wurde vom Förderverein ausgezeichnet.
Nächster Klassiker war die gerittene Tandemquadrille mit acht Paaren in Galauniform. OSM Michael Thieme hatte sich wieder neue Figuren einfallen lassen. Sehr zuschauerwirksam war der Auftritt des Weltmeisters im Hundeschlittenfahren. Dass Dirk Grünberg aus Potsdam-Rehbrücke kommt erstaunt einigermaßen. Zum Training seiner 12 Sibirischen Huskies und dem Antreiber, ein Amerikanisch-Kanadischer Schäferhund, hat sich der sechsfache Deutsche Meister und dreifache Europameister aber einen Wagen auf Rädern gebaut. Bei der Weltmeisterschaft in Schweden im letzten Jahr musste er bei seinem Sieg in drei Tagen 156 Kilometer zurück legen.
Auch die Springquadrille mit 16 Reiter-Pferd-Paaren gehörte wieder zum Programm. Dabei sind besonders die Auszubildenden des Landgestüts gefragt, zu denen inzwischen auch sechs junge Damen gehören, was vor Jahren noch nicht möglich war. Der Springquadrille folgten Demonstrationen wie die Darstellung einer Hengstleistungsprüfung und die Vorstellung der Redefiner Hengste, die am Bundeschampionat teilnahmen.
Einen interessanten Wettbewerb der Redefiner Azubis hat sich HSM Rolf Günther einfallen lassen. 1. Teil Sicherheit (Reitkappe holen), 2. Teil Futter holen, 3. Teil Galopprennen. Drei Mannschaften waren vertreten, der Sieg ging an das Team Kelly Behrens, Peter Schnellhammer und Paul Wiktor mit Kaltbluthengst Ernst. Während dieser Bilder hob der Sprecher die großen Ausbildungserfolge des Landgestüts hervor.
Alle warteten schon auf den Großen Mehrspänner mit 16 Hengsten. Sprecher Lorenz Rehse, der selbst Haflinger fährt, kam ins Schwärmen und sprach von der Fahrlehre des Benno von Achenbach. In fünf Reihen fuhr GOW Hans-Jochim Frahm, sekundiert von GOW Udo Kähler und weiteren Mitstreitern. Die Führungshengste waren Mondras und Landsrat. Brillant und perfekt kann man nur sagen, auch als es im Galopp wieder raus ging.
Das traditionelle Hindernisfahren bestritten am letzten Tag Lewitzer Gespanne. Dass der Sieg an den Sohn eines Gestütsmitarbeiters ging, freute die Fans. Kai Schicketanz, eine Woche zuvor noch Vierter bei der Landesmeisterschaft der Jungen Fahrer in Ganschow geworden, war mit seinem Einspänner der Schnellste.
Als Dressurhengste wurden am letzten Tag der Mecklenburger Lewitz unter GOW Elmar Wißling, der Hannoveraner Dycos DÂ’Or von Ulrich Bünger, Betzendorf unter Azubi Janett Köhler und der in diesem Jahr in die Kritik geratene Oldenburger Don Akzentus unter Roland Volkmann präsentiert. Fachbesucher konnten sich von der Bewegungsqualität des Don Akzentus überzeugen, die alle anders lautenden Meldungen Lügen straft.
Ein weiterer Klassiker folgte - die aus dem Jahre 1863 stammende sechsspännig gefahrene Postkutsche. Das Herren-Musikcorp Neubrandenburg unter Leitung von Norbert Bahlo spielte dazu wieder die "Post im Walde". Solo und Echo wurde von Ralf Parpart und Heiko Wiegand meisterlich intoniert. Bevor die Postkutsche einfuhr gab es einen kleinen Exkurs aus der Geschichte dieser Kutsche.
Rolf Günther gelang es, den größten Trabant der Welt nach Redefin zu holen. Mit seinen 13,11 m Länge hat er Einzug ins Buch der Rekorde gehalten. Vorgestellt wurde das Gefährt mit weiteren Trabantvariationen (es stank mächtig) vom Verein der "Freunde historischer Fahrzeuge" aus Groß Raden. Der besondere Geck war, dass Landgestütshengst Sergeant Pepper unter Daniel Wascher mit auf den Platz kam. Im längsten Trabbi hatten seine Besitzer die Zuchtgemeinschaft Tiefenthal aus Wilhelmshaven Platz genommen und vor ihnen wurde quer über den Trabbi ein Steilsprung mit 2,25m Höhe aufgebaut, damit die Besucher einen Eindruck von der Rekordhöhe bekamen, die Sergeant Pepper im letzten Herbst in Gadebusch übersprang. Den Trabbi zu überspringen war für den Hengst ein Leichtes, womit er aber auch seine Unerschrockenheit unter Beweis stellte.
Als die Römerwagen heran donnerten, nahte das Ende. Als Krieger mit jeweils vier Hengsten vor den Kampfwagen, die nach Aussage von Sprecher Dieter Quaas ungenügende Sicherheit für den Fahrer bieten, wie der TÜV herausgefunden hat, präsentierten sich GOW Hans-Joachim Frahm, GOW Alfred Lüth und GOW Udo Kähler. Ein rasantes Bild das nicht fehlen darf.
Dann war es soweit: Die Große Dressurquadrille zum Gedenken an die Befreiungskriege des 19. Jahrhunderts zog ein. Angeführt von GOW Erich Scheel auf Solar, der die Standarte "Freiheit und Recht" aus dem Jahre 1813 mitführte, ritten 24 "Schwarze Reiter" auf den Platz. Die Funktion des Kommandeurs Adolf von Lützow übernahm OSM Michael Thieme mit Juventus. Die Quadrille ist dem großen mecklenburgischen Freiheitskämpfer Adolf von Lützow gewidmet. Am 18. Februar 1813 gab der mecklenburgische Großherzog Friedrich Wilhelm III Adolf von Lützow den Auftrag, zum Kampf gegen die napoleonische Unterdrückung ein Freicorps aufzustellen. Die "Schwarzen Reiter", zu denen auch Theodor Körner gehörte, der 1813 am 26. August 22-jährig in einer Schlacht fiel und in Wöbbelin begraben liegt, hatten sich die Losung "Freiheit und Recht" auf ihre Fahnen geschrieben. Als Kommandeur Adolf von Lützow, alias Michael Thieme, zur Attacke blies, verließen die Schwarzen Reiter mit ihren Hengsten unter den Klängen von "Lützows wilder verwegener Jagd" im gestreckten Galopp den Paradeplatz. Das Paradejahr 2008 war damit beendet.