Der lange Atem der Gerichte: Streit in puncto Pferd
Erschienen am 05.11.2024

Leider ziehen sich Prozesse manchmal sehr lange hin. Das kann dazu führen, dass das Streitobjekt, nämlich ein wegen Mängeln reklamiertes Pferd, gar nicht mehr lebt, bevor das Gericht ein Urteil verkündet hat. Mit einem solchen Sachverhalt befasst sich beispielhaft dieser Beitrag.
Die Grundlagen
Wird berechtigterweise ein Mangel geltend gemacht, hat der Käufer des Pferdes das Recht, entweder Minderung des Kaufpreises zu verlangen oder aber vom Vertrag zurückzutreten. Entschließt er sich für die zweite Alternative, ist das Rechtsgeschäft rückabzuwickeln. Das heißt: Das mangelhafte Pferd ist an den Verkäufer zurückzugeben, der seinerseits den Kaufpreis zu erstatten hat. Daneben sind auch notwendige Verwendungen für die Unterhaltung des Pferdes bis zur Rückgabe zu erstatten.
Der Gesetzgeber hat berücksichtigt, dass ein mangelhaftes Pferd möglicherweise zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits veräußert oder schicksalhaft verendet ist.
Der Weiterverkauf
Hat sich der Käufer eines mangelhaften Pferdes entschlossen, das Pferd zu verkaufen, bevor es zu einer gerichtlichen Entscheidung kommt, macht das den Rücktritt nicht rückwirkend unwirksam. Vielmehr hat der Käufer sich den Kauferlös anrechnen zu lassen. Darin liegt das Risiko des vorzeitigen Verkaufs. Es kommt dann nämlich zum Streit über den Wert des an einen Dritten verkauften – mangelhaften – Pferdes. Der ursprüngliche Verkäufer wird den Wert hoch veranschlagen, der Käufer dagegen geltend machen, dass das Pferd mangelhaft und daher fast gar nichts wert gewesen ist. Im Prozess würde durch einen Sachverständigen der Wert festzustellen sein. Problematisch wird das dadurch, dass der neue Eigentümer möglicherweise nicht bereit ist, einem Gutachter das Pferd zu präsentieren. Für den Fall des Weiterverkaufs soll der Käufer sicherstellen, dass eine Besichtigung durch einen Sachverständigen ermöglicht wird.
Der Verlust des Pferdes
Wenn das Pferd während des gerichtlichen Verfahrens verendet oder eingeschläfert wird, kann zwangsläufig der Käufer die ihm obliegende Verpflichtung im Rahmen der Rückabwicklung das Pferd zurückzugeben, nicht erfüllen. Er ist deswegen aber nicht rechtlos gestellt.
Allerdings geht einem Rechtsstreit in aller Regel die Aufforderung an den Verkäufer voraus, aufgrund des Rücktritts das Pferd abzunehmen und den Kaufpreis zurückzuzahlen. Wenn ihm dafür eine Frist gesetzt wird, spätestens aber mit Zustellung der Klage kommt bei einem begründeten Rückabwicklungsanspruch der Verkäufer in Verzug. In diesem Fall kann nach Auffassung des OLG Köln (I-16 U 68/17) sogar offenbleiben, ob die Einschläferung des Pferdes unbedingt nötig war. Das OLG hebt hervor, dass der Verkäufer den Verlust des Pferdes zu vertreten, also verschuldet hat. Das ergibt sich daraus, dass er die ihm gesetzte Frist zur Rücknahme des Pferdes nicht eingehalten hat. Dadurch wird ein Annahmeverzug begründet, der zu der Feststellung führt, dass das Risiko des Untergangs beim Verkäufer liegt.
Fazit
Der Tod eines Pferdes, das wegen eines Mangels beanstandet wurde, geht einem Rückabwicklungsanspruch des Käufers nicht generell entgegen. Ist die Notwendigkeit einer Einschläferung streitig, müsste der Verkäufer nachweisen, dass die Euthanasie nicht indiziert war.
Dr. Plewa
Rechtsanwalt/Fachanwalt