Einstellungsvertrag - Beweisproblematik bei der Haftung nach Gefahrenbereichen

Erschienen am 04.04.2025

Lassen sich streitige Sachverhalte nicht gänzlich aufklären, geht das im Zivilprozess zulasten desjenigen, dem die sogenannte Beweislast obliegt. Der nachzukommen, stellt sich regelmäßig als schwierig, teilweise als unmöglich dar. Das bekam jüngst auch eine hessische Pferdehalterin zu spüren, die gegen den Betreiber eines Stalls vorgehen wollte, in dem ihr Pferd sich schwer verletzt hat.

Grundsätzliches

Im Zivilprozess entscheidet das Gericht einen Rechtsstreit auf Grundlage des von den Parteien dargelegten Sachverhalts. Soweit sich beide über ein Geschehen einig sind, spricht man vom unstreitigen Sachverhalt. Widerspricht jedoch eine Partei (auch nur teilweise) der gegnerischen Darstellung, werden die bestrittenen Tatsachen zu streitigen. Sie sind dann von demjenigen zu belegen, der insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt. Es gilt der Grundsatz, dass derjenigen Partei die Beweislast obliegt, die eine für sich günstige Tatsache behauptet. Klägerseits sind das regelmäßig die anspruchsbegründenden Umstände, beklagtenseits solche, die den Anspruch beseitigen.

Der Fall

Die Klägerin eines zweitinstanzlich vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (OLG) entschiedenen Rechtsstreits war Halterin und Eigentümerin eines im Pensionsbetrieb des beklagten Reitvereins eingestellten Pferdes. Das wurde Ende 2021 mit einem Nageltritt in seiner Box vorgefunden und musste daraufhin tierärztlich notversorgt, schließlich sogar euthanasiert werden. Die Klägerin nahm den Reitverein daraufhin auf Ersatz der ihr entstandenen Heilbehandlungskosten in Anspruch mit der Begründung, er habe die Verkehrssicherungspflichten nicht gewahrt. Insbesondere habe der Verein die auf seiner Anlage tätigen Hufschmiede nicht daran gehindert, auf der Raufutterlagerfläche zu beschlagen, weshalb beim Füttern oder Einstreuen der Hufnagel in die Box ihres Pferdes gelangt sei.

Das erstinstanzliche Urteil

Das Landgericht Limburg (LG) wies die Klage mit einer denkbar knappen Begründung ab: Es stützte seine Entscheidung allein auf die informatorische Anhörung der Parteien und kam danach zu dem Ergebnis, dass dem Beklagten keine Pflichtverletzung nachgewiesen werden könne. Die mit den Gegebenheiten vertrauten Hufschmiede verfügten über ein hinreichendes Risikobewusstsein, um den Beschlag ausschließlich auf dem dafür vorgesehenen Anbindeplatz, erst recht nicht auf einer Lagerfläche von Futter und Einstreu durchzuführen.

Die Berufungsinstanz

Das OLG schloss sich im Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung an, nachdem es zunächst die vom LG unterlassene Beweisaufnahme nachgeholt hatte. Es betonte, dass für den Beklagten aus dem verwahrungsrechtlich zu kategorisierenden Pferdeeinstellungsvertrag sog. Fürsorge- und Obhutspflichten resultieren. Liegen die für einen Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein in seinem Gefahrenbereich, hat er zu beweisen, dass ihn keine Pflichtverletzung trifft. Vorstehendes stellt eine Beweislastumkehr zulasten des Stallbetreibers und damit eine Ausnahme vom obenstehenden Grundsatz dar, dass der Beklagte ansonsten lediglich die anspruchshemmenden Tatsachen zu belegen hat.

Das OLG kam jedoch auch nach Vernehmung der klägerseits benannten Zeugen nicht zur Überzeugung, dass sich das Pferd die Verletzung in seiner Box zugezogen hat. Die fällt in den Verantwortungsbereich des Beklagten, sodass er für deren Sicherheit einzustehen hätte. Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass ihr Pferd nicht außerhalb seiner Box in ihrer Obhut in den Nagel getreten ist. Hinsichtlich des öffentlich zugänglichen Bereichs treffen den Beklagten zwar auch Verkehrssicherungspflichten, allerdings beschränken die sich auf realisierbare und zumutbare Maßnahmen, deren beklagtenseitiges Unterlassen die Klägerin nicht belegen konnte.

Fazit

Die Beweislastumkehr erschwert einem Pensionsstallbetreiber zwar grundsätzlich seine Entlastung, dennoch haftet er nicht für jedes noch so kleine Risiko. Einige sich auf einer Reitanlage befindlichen Gefahrenquellen unterliegen dem allgemeinen Lebensrisiko und/oder jedenfalls nicht dem (alleinigen) Verantwortungsbereich des Stallinhabers. Gegenteiliges zu beweisen, kann sich für den geschädigten Pferdeeigentümer als nicht überwindbare Herausforderung darstellen.

Tara Plewa (Rechtsanwältin)

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